Wann, wenn nicht jetzt: Die Münchner Symphoniker wollen mehr Geld

Das Orchester möchte mit Hilfe der klammen Stadt die untertarifliche Bezahlung seiner Musiker zu beenden
Robert Braunmüller
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Die Münchner Symphoniker im Gartensaal des Prinzregententheaters.  Foto: Peter von Felbert
Die Münchner Symphoniker im Gartensaal des Prinzregententheaters. Foto: Peter von Felbert

Eben hat die Deutsche Orchesterstiftung das Orchester mit dem "Preis Innovation 2024" für ein inklusives Projekt geehrt, bei dem in den Kammerspielen Menschen mit und ohne Trisomie 21 mit Musikern und auf der Bühne standen. Künstlerisch haben sich die Münchner Symphoniker unter dem ehemaligen Chefdirigenten Kevin John Edusei und seinem Nachfolger Joseph Bastian beträchtlich weiterentwickelt. Auch der Publikumszuspruch ist anhaltend groß.

Nur an der Bezahlung hapert es. Die Musikerinnen und Musiker bekämen 800 Euro weniger als ihre Kollegen in Bautzen, so die Mitglieder des Orchestervorstands bei einem Pressegespräch. Bautzen gehört zur untersten Tarifgruppe D mit Gehältern zwischen 2200 und 3100 Euro. Andere Münchner Orchester sind bei A und darüber eingruppiert.

Unterhalb der untersten Stufe

Dieser Widerspruch sei angesichts der hohen Lebenshaltungskosten in der Landeshauptstadt nicht angemessen. "Da die Finanzierung des Klangkörpers durch die Landeshauptstadt München nicht auskömmlich ist, liegen die Gehälter zurzeit deutlich unterhalb der untersten Stufe des gültigen Flächentarifvertrags", heißt es in einem Offenen Brief der Symphoniker in Richtung Landeshauptstadt.

In diesem Jahr habe der Finanzierungsbeitrag der Stadt bei rund 670.000 Euro gelegen, so die Symphoniker. Das stehe "in keinem Vergleich zu den Beträgen, die die Landeshauptstadt anderen Münchner Orchestern - wie den Münchner Philharmonikern mit rund 23 Millionen Euro - gewährt".

Die Münchner Symphoniker im Gartensaal des Prinzregententheaters.
Die Münchner Symphoniker im Gartensaal des Prinzregententheaters. © Peter von Felbert

Aber ist das Rathaus die richtige Adresse für solche Forderungen? Die Münchner Symphoniker sind nicht städtisch wie die Philharmoniker und auch nicht staatlich wie die Orchester der Staatsoper oder des Gärtnerplatztheaters. Sie gehören auch zu keiner öffentlich-rechtlichen Anstalt wie die drei im Vergleich hoch bezahlten Rundfunkklangkörper, deren Gewerkschaftsvertreter zuletzt vor einer von Simon Rattle dirigierten "Matthäuspassion" deutlich erhöhte Gehälter verlangten.

Verhinderte Anpassung

Die Münchner Symphoniker sind ein freies Orchester, das nach privaten Anfängen bis 2002 von der Stadt und dem Freistaat etwa zu gleichen Teilen finanziert wurde. Als vor 22 Jahren schon einmal die Steuereinnahmen einbrachen, drohte die Auflösung, ehe die Stadtsparkasse als Großsponsor einsprang.

Die Münchner Symphoniker
Die Münchner Symphoniker © Peter von Felbert

Seit 2015 beteiligt sich die Stadt wieder mit einem erheblich geringerem Umfang an der Finanzierung des mit 66 festen Stellen kleinsten Symphonieorchesters der Stadt. "Der jahrelang zu geringe Zuschussanteil verhinderte die üblichen tariflichen, inflationsbedingten Anpassungen und führte zu einer konsequenten Entwertung der Musikergehälter", so der Offene Brief.

Der Freistaat scheint zahlungswillig

Die Musikerinnen und Musiker haben in den vergangenen Monaten mit Kulturpolitikern aller im Stadtrat vertretenen demokratischen Parteien geredet und dabei viel Zuspruch erfahren. Auch Dieter Reiter soll die schlechte Bezahlung überrascht haben, die es den Orchestermitgliedern nach eigener Darstellung schwer macht, Familien zu gründen und freie Stellen neu zu besetzen.

Das Orchester finanziert sich derzeit zu 30 Prozent aus eigenen Einnahmen. Der Rest kommt vom Freistaat, von Sponsoren, dem Bezirk Oberbayern, dem Bund und der Stadt. Der Freistaat wäre laut den Orchestervorständen grundsätzlich bereit, seinen Anteil an der Finanzierung zu erhöhen, wenn die Stadt mitzöge.

Joseph Bastian, der Chefdirigent der Münchner Symphoniker.
Joseph Bastian, der Chefdirigent der Münchner Symphoniker. © Peter von Felbert

Der Zeitpunkt für den Offenen Brief kommt allerdings denkbar ungünstig: Die Symphoniker möchten mehr Geld aus dem Rathaus, während deutliche Einschnitte im Etat des städtischen Kulturreferats drohen. Und sie sind nur im moralischen Sinn eine städtische Institution, nicht im juristischen.

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Den Musikerinnen und Musikern ist das durchaus bewusst: "Wenn, wann nicht jetzt?", erwidern sie auf den Hinweis auf die anstehenden Sparmaßnahmen. Und letztendlich gehe es nicht nur um Geld, sondern auch um Wertschätzung. Und die wäre angebracht, weil die Münchner Symphoniker viel getan haben, ohne künstlerische Abstriche ein möglichst niederschwelliges Angebot zu schaffen. In den letzten Jahren hat dieses Orchester von der digitalen Erklär-App bis zur Uraufführung einer KI-gestützten Komposition eine Menge neuer Dinge ausprobiert, an die größere und besser bezahlte Orchester noch gar nicht zu denken wagen.

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  • Candid am 03.12.2024 11:16 Uhr / Bewertung:

    Die Münchner Symphoniker müssten nur sich selbst als Radweg bezeichnen; uns schon kommen die Millionen von selbst.

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