Welches Zwölfuhrläuten? Mit Seiler und Speer auf der Wiesn
Bereits vor sechs Jahren waren die beiden Wiener Burschen "Seiler und Speer" auf dem Oktoberfest, besuchten einige Zelte, genossen die ungezwungene Stimmung. Bis heute freut sie, dass ihr Lied "Ham kummst" wie "Fürstenfeld" oder "Mambo No. 5" zum Repertoire sämtlicher Festzelt-Kapellen gehört. Der Song ist gerade wegen seines satirisch-pointierten Textes, kombiniert mit dezenter, reduzierter musikalischer Intensität und einem schwer einprägsamen Rhythmus außergewöhnlich, wird aber vom Publikum fehlerfrei mitgesungen.
Die Dramaturgie des wienerischen Textes macht Spaß, hinzu kommt noch das sehr lustige Video mit angeklebten Bärten und falschen Zähnen: Der Protagonist kommt nach einigen Pflichtterminen in Wirtshäusern spät und keinesfalls nüchtern heim und versucht seiner Gattin zu erklären, dass die Umstände ihn zu seinem Zustand gezwungen haben. Sie ist wenig verständnisvoll und droht mit Trennung. In der letzten Strophe nach einem melancholischen Zwischenspiel dreht er den Spieß um. Ein heiteres kleines Kammerspiel in Form eines Liedes, das 26 Gold- und Platin-Auszeichnungen gewann.

Das Duo regte sich 2018 in München lediglich darüber auf, dass sich neben ihrem Wiesnhit zeitgleich "Hulapalu" von Andreas Gabalier ähnlicher Beliebtheit erfreute. Doch die Verstimmung wich rasch einer Euphorie, sie ließen sich von der Oktoberfest-Magie einsaugen, genossen einen turbulenten Nachmittag und sahen sogar über die grantelnde Belehrung einer Bedienung hinweg, die sich weigerte, den Musikern um 18 Uhr noch Weißwürste zu servieren. Aber erstmal waren die Gespräche der Einheimischen drumrum verstummt, erinnert sich Speer. Ihre Augen begannen sich zu gefährlichen Schlitzen zu verengen. Die Umgebung sei bereit gewesen, den unwissenden Fremden jene eiserne Regel mit dem Zwölf-Uhr-Läuten auf rauhe Art und Weise nahezubringen. Doch es geschah ein Wunder, wie Seiler erzählt: Da nämlich gerade die Lieferung der frischen Ware für den nächsten Morgen im Zelt angeliefert worden war, drückte der Koch ein Auge zu. In diesem Fall hätte man sich eben an den mitternächtlichen 12-Uhr-Glockenschlägen orientiert, und alles hatte wieder seine Richtigkeit.
Im Anschluss stand damals noch eine Einladung in die "Wir sind Wiesn"-Sendung von münchen.tv, wo die beiden Wiener allerdings nach etlichen Getränken bereits "aungsoffn" waren. So sehr, dass sie den Unmut des Moderators Alexander Onken entfachten, weil er sie in ihrem Zustand als unangenehm arrogant empfand und sie nie mehr eingeladen hat.
Man sitzt zum Pressetermin auf eine Maß im Marstall. Es gibt reichlich Brotzeit. Ein Fotograf begrüßt das österreichische Duo gutgelaunt mit den Worten: "Mir kenna uns von der Brass Wiesn vor zwei Monaten", worauf Herr Speer antwortet: "Und da kannst du dich no an uns erinnern?"
Seiler bestellt sich eine alkoholfreie Maß, Speer einen weißen Spritzer. Zu ihrem Hit "Ham kummst" sagt er: "Der hat a so a eingängige Phrase, dass er no nach zwaa Promill überd Lippn gleitet. Und Mundart lasst si eh vü leiwander singa."
Auf die Frage, ob die geplante Riesenrad-Fahrt Höhenangst verursacht, antwortet Seiler: "Höhenangst? Naa! Mir kommen aus Wien." Logisch, das Wiener Riesenrad steht seit 1897 im Prater, wo es zudem Kettenkarusselle und Achterbahnen gibt, bei denen man die Furcht vor der Höhe schon als Kind verliert.
AZ: Was ist heute noch so geplant?
SEILER: Mir spün heit aufd Nacht no im Schützenzelt.
Und sonst? Fernsehen?
Naa, münchen.tv hat uns nimmer eiglon.
SPEER: Anscheinend warn mir bsoffn. Was ma eigentlich goa ned verstehen kann, dass ma aufm Oktoberfest angsoffn sei kann, oder?.
SEILER: "Aber mir ham anscheinend so den Vogel abgschossn, dass mir nimmer eiglon wern. Des macht mi eigentlich stolz.
SPEER: "Sie ham uns ned eiglon, sondern uns heut per se ausgladn.
SEILER: Mir macha kane hoibn Sachn.

Was ist eigentlich damals vorgefallen?
SPEER Mir warn relativ neu im Business, aa im Biertrinkerbusiness, dann wars halt sehr heiß in dem Holzkasten, wo gfilmt worn is. Des warn zwa Faktoren, die si ned vertrang ham.
Wenn ihr heute in die Vergangenheit reisen könntet und die Wahl hättet zwischen drei Auftritten, nämlich Helmut Qualtinger, Ludwig Hirsch oder Falco: Welchen Auftritt würdet Ihr wählen?
SEILER & SPEER unisono:
Ludwig Hirsch!
SPEER Des war eh die gleiche Zeit, da kömmer zum Falco eh glei aa geh, wenn ma in da Zeit reisen.
SEILER Helmut Qualtinger hast dir entweder im Kabarett anschaun können, oder auf einer Vorlesung. Beim Hirsch hast eigentlich beides, aber dazu noch die Musik. Kriegst mehr fürn Schüling. Wann ma scho zruckreisen, müssmer in Schilling a no zoin.

Sind die Münchner Zuschauer anders als die Wiener?
SPEER: Wir sind uns sehr ähnlich, die Sprache verbindet.
SEILER: I bin generell der Meinung, die Energie, die du als Band dem Publikum gibst, kriegst du auch wieder zurück, so bauscht sich ein gutes Konzert auf. Wir spielen gern in Bayern. Wir hatten 2015/16 unsere ersten Tourneen auch schon hier gehabt, wir kennen wirklich fast jede Ortschaft in Bayern. Niederbayern, Oberbayern, Unterbayern…
SPEER: ... Umebayern, Hinterbayern, Aufibayern...
SEILER: I hab ja auch meine ersten Standup-Comedy-Shows hier in München gespielt, Ottis Schlachthof und so. Und München is sowieso immer cool und schee, des is eh der Wahnsinn, Zenith, Backstage und jetz nächstes Frühjahr Olympiahalle. Des is scho geil. Wir sind da wirklich sehr dankbar, auch für groteske Dinge wie aus Fernsehsendungen ausgeladen zu werden. Das sind Momente, die mich fast noch mehr berühren.
SPEER: Meilensteine!
SEILER: Vielleicht gehen wir ja die nachher kurz bsuchen da drüben, dass ma halt kurz bei münchen.tv im Paulanerzelt vorbeischaun, total nüchtern. Vielleicht kriegen die dann amal ein schlechtes Gewissen. Wenn nämlich die besoffener san als mir. Dann laden wir nämlich die irgendwannamal aus.
Seiler und Speer treten am 8. März ab 19 Uhr in der Münchner Olympiahalle auf. Karten unter www.muenchenticket.de (Restkarten)
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