Wayne Marshall über "Happy Birthday, Lenny" im Prinzregententheater

In diesem Jahr wäre der amerikanische Dirigent, Komponist und Pianist Leonard Bernstein 100 Jahre alt geworden. Der Geburtstag selbst fällt zwar auf den August. Doch das Münchner Rundfunkorchester und die Bayerische Theaterakademie feiern an drei Abenden im Februar unter dem Motto „Happy Birthday, Lenny“ schon mal vor. Dirigieren wird der englische Pianist, Organist und Dirigent Wayne Marshall.
AZ: Mr. Marshall, haben Sie Bernstein selbst erlebt?
WAYNE MARSHALL: Nur einmal in einem Konzert in Wien, als er 1984 die Symphonie Nr. 4 von Gustav Mahler dirigierte. Ich wünschte, ich hätte Gelegenheit gehabt, noch mit ihm zu arbeiten, aber dazu habe ich zu spät zu dirigieren begonnen.
Ist Bernsteins Musik mit ihren oft komplizierten Rhythmen besonders anspruchsvoll?
Für mich nicht, eher für die Orchestermusiker, weil es nicht darum geht, diese Rhythmik präzise auszuführen, sondern sie mit dem richtigen Gefühl zu spielen. Gerade im Jazz ist nicht entscheidend, was notiert ist. Das wirklich Wichtige kann man nicht aufschreiben, es würde zumindest sehr merkwürdig aussehen.
Warum ist das so schwierig?
Für klassisch ausgebildete Musiker ist die Rhythmik des Jazz eher ungewohnt, sie ist vollkommen anders als die von Schubert oder Brahms. In den Proben muss ich den Musikern ganz konkret sagen, welche Noten sie kürzer oder länger spielen sollen. Gleich, mit welchem Orchester ich zusammenarbeite, es ist immer das Schwierigste, das richtig zu fühlen. Wir erreichen meistens einen Kompromiss, aber es braucht dazu viel Probenzeit.
Wie wichtig ist der Jazz für Bernstein, der sich auch als klassischen Komponisten sah?
Sehr. Die „West Side Story“ oder „Candide“ sind voll von Jazz. Er liebte diese Kultur, kannte sie genau und machte sie zu einem Teil seines Repertoires genauso wie zu einem Teil seiner eigenen Musiksprache. Weil er aber diesen klassischen Hintergrund hatte, war er wahrscheinlich der einzige Komponist, der Jazz-Elemente so sinnvoll notieren konnte, dass sie im Orchester wirklich funktionieren. Hören Sie sich die „West Side Story“ an, wie dort die lateinamerikanischen Tänze dem eher traditionellen amerikanischen Jazz gegenüberstehen, das ist wirklich einfach toll gemacht.
Hat Sie Bernstein auch als Dirigent beeinflusst?
Bernsteins Energie, sein Charisma, waren einzigartig. Er konnte einfach alles. Es gibt Kollegen, die ihn kopieren, aber ich mache das nicht.
Was halten Sie vom späten Bernstein, der zurückhaltender, intellektueller agierter als der frühe?
Ich höre mir das gerne an, etwa die Mahler-Symphonien mit den Wiener Philharmonikern. Aber wenn Sie mich fragen, ob ich das alles so dirigieren würde, wie er es tut, würde ich sagen: Nein. Einige seiner Tempi sind ultra-langsam und vielleicht sogar unmöglich.
Sie dirigieren im Prinzregententheater Ausschnitte aus Bernsteins Musical „Peter Pan“, das erst vor 18 Jahren wiederentdeckt wurde.
Der berühmteste Song daraus ist „Dream With Me“. Das ganze Stück ist nicht ganz so interessant. Es wirkt auf mich sogar ein bisschen merkwürdig. Aber dieses Konzert ist eine gute Gelegenheit, auch solches unbekanntes Repertoire zu entdecken.
Premiere am 15. Februar um 19.30 Uhr im Prinzregententheater. Weitere Vorstellungen am 17. und 18. Februar, Restkarten unter Telefon 2185 1903