Was Mariss Jansons und seine Musiker in der kommenden Saison planen
Der Schauplatz war Programm: der Knödelplatz im neu entstehenden Werksviertel am Ostbahnhof. Hier soll bis 2021 (oder so) Münchens neuer Konzertsaal entstehen – mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks als Hausorchester. In der leicht staubigen Atmosphäre eines im Umbau befindlichen Fabrikgebäudes stellte der Chefdirigent Mariss Jansons und sein Orchestermanager Nikolaus Pont die kommende Saison 2016/2017 vor.
Große Überraschungen gibt es nicht. Die großen alten Dirigenten wie Herbert Blomstedt und Bernard Haitink kehren zurück. Der Schwede überrascht mit Bachs „Johannespassion“, der Niederländer leitet Bruckners Sechste. Zubin Mehta bringt Bruckners „Te Deum“ mit Arnold Schönberg und Peter Eötvös zusammen. Und auch die jüngere und mittlere Dirigentengeneration sind wie immer gut vertreten: Daniel Harding führt Verdis „Falstaff“ konzertant mit Bryn Terfel auf, Gustavo Dudamel interpretiert Mahlers Erste.
Zum ersten Mal übernimmt der Chefdirigent ein Konzert der musica viva: Er bringt Wolfgang Rihms „Requiem“ zur Uraufführung. Anschließend geht es damit an Ostern nach Luzern. Jansons dirigiert außerdem Mahlers Neunte, die Alpensymphonie von Richard Strauss und Mozarts „Requiem“, das mit Schönbergs „Überlebendem aus Warschau“ gekoppelt wird. Beim Gastspiel in Augsburg fällt dieser Klassiker des 20. Jahrhunderts auf Wunsch des Veranstalters allerdings weg.
Außerdem: Kent Nagano setzt seinen Messiaen-Zyklus fort. Die Dirigenten Ryan Wigglesworth, Cristian Macelaru und Lahav Shani debütieren beim Orchester. „Artists in Residence“ werden der britische Tenor Mark Padmore und der österreichische Pianist Rudolf Buchbinder. Der spielt, ziemlich erwartbar, das erste Beethoven-Konzert und das zweite von Brahms. Padmore ist da schon mutiger: Er tritt in Michael Tippetts Oratorium „A Child of Our Time“, der „Johannespassion“ und mit Liedern von Britten und Thomas Larcher auf.
Die Provinz interessiert sich
Zur Steigerung der Vorfreude auf den eigenen Neubau tourt das Orchester durch frische Konzertsäle in Breslau, Kattowitz und Paris. Und natürlich gibt es ein Gastspiel in der Hamburger Elbphilharmonie. Zum ersten Mal seit längerem spielen die Musiker wieder in Regensburg. Und natürlich bereist Jansons mit seinen Musikern wieder Japan.
Die Auslastung liegt bei respektablen 91 Prozent. Mehr als rund 10 000 Abonnenten sind ohne einen neuen Saal nicht drin. „Wir sind an der Obergrenze“, erklärte Orchestersprecher Peter Meisel. Mit einem neuen Saal könnten die Einnahmen gesteigert werden.
Das würde die Rolle des Orchesters angesichts des Spardrucks beim Bayerischen Rundfunk stärken. Alle Fragen zu diesem Komplex wurden ausweichend beantwortet. Allerdings spricht die reduzierte Zahl von Instrumentalsolisten für leichte Einschränkungen. Auch zur Rechnungshof-Kritik am defizitären Eigenlabel gab es keine handfeste Aussage.
Mariss Jansons’ Lieblingsthema bleibt der kommende Konzertsaal, dessen Bau der Landtag demnächst beschließen soll. Nach einem Architektenwettbewerb könnte in zwei Jahren mit dem Bau begonnen werden. Den Vorschlag des Agrarministers Helmut Brunner, den Saal aus Holz zu bauen, kommentierte man salomonisch: Die Akustik sei das Wichtigste, betonte Jansons. Der Saal müsse „top“ werden. Ansonsten: „Katastrophe und Blamage, Drama!“ – mit oder ohne Holz.
Jeder akustisch gute Saal enthalte dieses Material, ergänzte Nikolaus Pont. Doch ein ausschließlich aus Holz errichteter Saal war auf dem Podium noch keinem untergekommen. Aber es sei doch schön, dass sich ein Minister aus der Oberpfalz in die Debatte einbringe, wo man doch bisher von draußen im Lande eher Kritik an dem Projekt eingesteckt habe.