Kritik

Was bringt es, wenn das Aurora Orchestra auswendig spielt?

Das Gastspiel des britischen Kammerorchesters unter Nicholas Collon in der Isarphilharmonie
Robert Braunmüller
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Das Aurora Orchestra spielt ohne Noten im Stehen.
Mark Allan/BBC 4 Das Aurora Orchestra spielt ohne Noten im Stehen.
Der aus Südafrika stammende Cellist Abel Selaocoe.
Parlophone Records 4 Der aus Südafrika stammende Cellist Abel Selaocoe.
Der aus Südafrika stammende Cellist Abel Selaocoe
Christina Ebenezer 4 Der aus Südafrika stammende Cellist Abel Selaocoe
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Mozart hat als Wunderkind mit verbundenen Augen Klavier gespielt. Dass das Aurora Orchestra auf einer Tournee die mittlerweile meistgespielte Symphonie Ludwig van Beethovens irgendwann auswendig spielen kann, ist nicht besonders überraschend. Aber deswegen die Notenständer komplett abzuschaffen und im Stehen zu spielen, hat mehr mit Sport zu tun.

Und so klingt's dann auch: Eine Symphonie, die ohnehin fast immer zu pauschal auf Kraft und Energie gedreht wird, wird, klingt ohne Noten noch undifferenzierter laut. Die einzige halbwegs leise gespielte Stelle blieb das Streicherfugato am Ende des zweiten Satzes. Sonst regierte Power, Power und nichts als Power.

Stehend spielen sorgt für stehenden Beifall

Das macht natürlich Eindruck und sorgt für stehenden Beifall. Nur: Wenn aber alles laut ist, gibt es ein Problem mit den Steigerungen. Das ging dank des Dirigenten Nicholas Collon zwar meist gut, aber der Schluss der Symphonie geriet nicht nur arg forciert, sondern auch ziemlich rumpelnd. Ein Zugewinn an interpretierender Risikofreude war nicht wahrnehmbar.

Der begeisterte Beifall wird das Orchester und den Dirigenten eher bestärken. Allerdings ist Collon am Pult der Münchner Philharmoniker mit Noten vor ziemlich genau zwei Monaten eine viel überzeugendere Neunte gelungen als diese zirkushafte Siebte.

Der aus Südafrika stammende Cellist Abel Selaocoe
Der aus Südafrika stammende Cellist Abel Selaocoe © Christina Ebenezer

Vor der Pause spielte der Cellist Abel Selaocoe das eigene Konzert "Four Spirits for Cello, Voice and Orchestra". Es ist typische Weltmusik mit einem starken Jazz-Einschlag, die afrikanische Traditionen mit dem klassischen Instrument zusammenbringen möchte. Das ist ziemlich unterhaltsam, weil Selaocoe auch ein ungewöhnlich virtuoser Stimmakrobat ist, der den Obertongesang beherrscht und mit ein paar Gesten das Publikum charismatisch zum Mitsingen bringt.

Der aus Südafrika stammende Cellist Abel Selaocoe.
Der aus Südafrika stammende Cellist Abel Selaocoe. © Parlophone Records

Es lässt sich schwer einschätzen, ob der afrikanische Anteil des Stücks über die üblichen Exotismen hinausgeht. Wenig spricht dafür. Das Cello tut sein Bestes: Es singt melancholisch und begleitet gezupft oft den Gesang. Das Orchester bildete allerdings mehr als eine Klangkulisse. Und nicht nur das spricht gegen den Komponisten Selaocoe, der vor allem den gleichnamigen Cellisten in den Vordergrund stellt.

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Der als Solist genannte Schlagzeuger Bernhard Schimpelsberger blieb im Hintergrund, seine beiden namenlosen Kollegen beschränkten sich auf klangliche Handreichungen. Ein Solo hat Selaocoe ihnen nicht zugebilligt, und das wirkte bei einem eher kurzen Stück dann doch unnötig geizig.

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