Kritik

Violinkonzert von Isabelle Faust: Sommermusik im Vorfrühling

Isabelle Faust und die Münchner Philharmoniker unter Francois-Xavier Roth.
von  Michael Bastian Weiß
Isabelle Faust und François-Xavier Roth bei einer Probe.
Isabelle Faust und François-Xavier Roth bei einer Probe. © Merz

Die Isarphilharmonie wird Valery Gergiev, der sich nicht deutlich von Wladimir Putin distanzieren will und das wahrscheinlich auch gar nicht kann, so schnell nicht mehr sehen. Stattdessen betritt nun, solidarisch gekleidet in den ukrainischen Farben Blau und Gelb, Isabelle Faust die Bühne.

Die Geigerin enthält sich eines verbalen Bekenntnisses. Doch die Art, wie sie das Violinkonzert von Robert Schumann spielt, drückt mehr Anteilnahme aus als das jedem gesprochenen Wort möglich wäre. Das berührt besonders, weil Isabelle Faust explizit gegen jede Gefühligkeit anspielt. Ihr Strich ist harsch, sucht das Begleitgeräusch, ihre Phrasen, die sie zu Beginn oftmals geradezu aufspießt, enden oft auf einem vibratolos sauren Klang. Umso wundersamer erscheint dann die tonliche Süße des "Geister"-Themas. Kurz: Isabelle Faust ringt in jeder Sekunde um höchst intensive, weil schonungslose Gegenwärtigkeit.

Roth lässt die Streicher kraftlos säuseln

Leider kann man das von Francois-Xavier Roth nicht behaupten. Er liefert mit den Münchner Philharmonikern, die das erwiesenermaßen anders könnten, bloße schnöde Begleitung ab, wo doch das Orchester vielmehr selbst in scheinbar nebensächlichen Passagen deutliche Kontrapunkte setzen müsste. Roth hingegen lässt die Streicher kraftlos säuseln, wo es auf Substanz und klare Haltung ankäme, hat überhaupt Scheu vor einem energischen symphonischen Forte. Besonders ärgerlich ist, wenn die wichtigen motivischen Antworten auf die Solovioline vernuschelt werden.

Fehl am Platze ist Roths Antriebslosigkeit in der Tondichtung "Tod und Verklärung" von Richard Strauss so sehr wie in der Passacaglia des jungen Anton Webern, in der das ausufernde Stimmengewirr stärker auf einen Punkt hin orientiert werden müsste.

Was Roth dagegen besser liegt, ist die Orchesterstudie "Verwandlung" von Wolfgang Rihm, der übermorgen seinen 70. Geburtstag feiert. Rihm seinerseits hatte dieses Werk vor zwanzig Jahren Wilhelm Killmayer zum Fünfundsiebzigsten gewidmet: eine verblüffend lichte Sommermusik, die nichts will, außer sich in heiterer Gelassenheit freien Assoziationen hinzugeben. Tatsächlich findet man hier die Eigenart des 2017 verstorbenen Münchner Komponisten wieder, die auch der dirigentischen Persönlichkeit von François-Xavier Roth besonders entgegenkommen dürfte.


Noch einmal am Sonntag, 13. März um 11 Uhr in der Isarphilharmonie, Karten unter Telefon 089/54 81 81 400 und unter www.mphil.de

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