"Vergiss es" von Josef Hien: Facebook löscht Song gegen Rechts

Erst die vielen Hasskommentare, dann verschwindet sein Musikvideo von Facebook. Liedermacher Josef Hien will mit dem Song "Vergiss es" ein Zeichen gegen den Rechtspopulismus setzen.
von  Volker Isfort
Diese Menschen solidarisieren sich mit dem Lied "Vergiss es" von Josef Hien.
Diese Menschen solidarisieren sich mit dem Lied "Vergiss es" von Josef Hien. © Foto: Screenshot

München – Als  Thomas Kemmerich im Februar 2020 mit den Stimmen von AfD, CDU und FDP zum (kurzzeitigen) Ministerpräsidenten von Thüringen gewählt wurde, war der Münchner Musiker Josef Hien entsetzt. "Es gab dieses Bild, wie Höcke Kemmerich gratuliert, und nicht nur mich hat das an den historischen Handschlag von Adolf Hitler und Paul von Hindenburg erinnert."

"Vergiss es" von Josef Hien: Ein beswingtes Zeichen gegen Rechts

Was kann man als Liedermacher gegen die AfD tun, wenn in den Parlamenten CDU und FDP versagen? Am besten einen Song schreiben. "Man kann das ja nicht erklären, aber ich hatte sofort das Gefühl, es müsste ein Swing-Stück sein", sagt Hien, "ein freundlicher, beschwingter Song gegen Hass und Rechtspopulismus." Er kontaktierte den Erfolgsproduzenten Lutz Krajenski, der schon mit Roger Cicero zusammengearbeitet hatte.

Musikvideo zu "Vergiss es" mit prominenter Unterstützung

So entstand der Song "Vergiss es". "Und für die Aussage dieses Songs ist es natürlich besser, wenn man nicht alleine dasteht, sondern sich viele Menschen beteiligen." So drehte Hien im Vorfeld der Bundestagswahl ein Video, bei dem viele mitsingen, besser gesagt, so tun, denn zu hören ist nur Hiens Stimme, wenn im Video auch Prominente wie Bundesministerin a.D. Renate Schmidt, Max Uthoff, Margot Käßmann, Michaela May oder Konstantin Wecker singen.

Lösten Hasskommentare die Entscheidung aus? 

Er lud das Video Anfang September bei Youtube und Facebook hoch. Als es sich auf Facebook auf 20.000 Klicks zubewegte, begannen die Hasskommentare; als "Hymne der Linksfaschisten" bezeichnete ein User das Lied.

Und dann erlebte Hien eine böse Überraschung: Facebook löschte das Video. Hien beschwerte sich, bekam aber keine Antwort: "Vielleicht hat der Algorithmus aufgrund der Negativ-Kommentare überreagiert", vermutet er, "aber es macht ja keinen Sinn, ein harmloses Video zu löschen statt der Hasskommentare." Oder fällt Facebook auf den zunehmenden Einfluss der online strategisch arbeitenden rechten Szene herein?

Seit Dienstagmorgen taucht das Video bei Facebook wieder auf, natürlich ohne Erklärung. "Ich habe halt zig mal am Tag geschaut, und auf einmal war es wieder da", sagt Hien, der mit seinem Projekt auch Menschen zur Teilnahme aufrufen möchte. Auf der Homepage vergisses.info kann jede und jeder Interessierte sein Foto hochladen und seine persönliche Absage an den Rechtspopulismus posten.

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