Valery Gergiev dirigiert Wagner, Strauss und Schostakowitsch

Wie um ein Lagerfeuer: Valery Gergiev und die Philharmoniker mit Wagner, Strauss und Schostakowitsch
von  Michael Bastian Weiß

Kürzlich hat Valery Gergiev auf einen interessanten Umstand hingewiesen, der vielleicht nicht jedem bewusst war: dass nämlich die Wiener Philharmoniker in ihrem Musikverein extrem gedrängt auf einem überraschend kleinen Podium sitzen. Gergiev sieht darin einen Grund, warum dieses Orchester so gut zusammenspielt – man kann eben gar nicht anders als aufeinander zu hören –, und zeigte sich übrigens amüsiert darüber, wie vehement Musiker anderer Orchester auf ihrem je eigenen Freiraum bestehen.

Das Prinzip, die Musiker sehr eng zu platzieren, wendet Gergiev nun in seiner Interpretation von Richard Strauss’ spätem Meisterwerk „Metamorphosen“ an. So sitzen die 23 Solisten auf dem Podium der Gasteig-Philharmonie dicht gedrängt, wie um ein Lagerfeuer, und ihr Chefdirigent nimmt die Mitte ein. Die klangliche Verbesserung etwa im Vergleich zur einstigen Realisierung Christian Thielemanns ist enorm. Es ergibt sich eine spielerische Intensität aus einem robusten Körper heraus, der klanglich weit in die Tiefen der Philharmonie ausstrahlt. Gleichzeitig können sich die Streichinstrumente sämtlich auch solistisch entfalten, weil Gergiev hellsichtig zwischen Haupt- und Nebenstimmen unterscheidet. Die „Metamorphosen“ werden mit gelassener Übergröße und gleichzeitiger dramatischer Energie durchlebt. Ein hilfreich pragmatischer, klingender Kommentar zur leidigen Frage der Gasteig-Akustik.

Auch in den anderen Stücken tritt immer deutlicher hervor, wie Gergiev und die Münchner Philharmoniker mittlerweile zusammenfinden. Zwar ist schwer verständlich, warum der Dirigent Wagners „Siegfried-Idyll“ mit hektisch zitternden Bewegungen besonders der rechten Hand leitet; doch seine rätselhafte Technik führt zugegeben zu einem ruhigen und stillen Streicherklang in einer Deutung, in der auch die Bläser geradezu zärtlich agieren. Dass Gergiev seinen Schostakowitsch nicht mit jenem Luxussound interpretiert, zu dem die Philharmoniker fähig sind, ist bekannt. In den vielen Soli der 15. Symphonie A-Dur werden vielmehr die Überdrehtheiten noch weiter gezwungen, das Fahle noch verlöschender angelegt und der Schmerz der Blechbläser im ersten Adagio noch schonungsloser fühlbar gemacht.

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