Valery Gergiev dirigiert Debussy, Berlioz und Beethoven
„Nachmittag eines Fauns“, „Roméo et Juliette“, Beethoven: Valery Gergiev und seine Philharmoniker bitten zum Tanz
Ganz schön schwül, dieser Nachmittag, den der Faun da erlebt. Wie warmes Öl rinnt die Sommerstimmung dahin, die Chefdirigent Valery Gergiev mit den Münchner Philharmonikern im Gasteig erschafft. Claude Debussys sinnliches Stimmungsbild „Prélude á ‘L’Après-midi d’un Faune’“ eröffnet einen Konzertabend, der dem Tanz gewidmet ist. In diesem Stück ist es das Flügelflirren von Nymphen und in Anbetracht des schweren Klanges vermutlich auch Mücken, die dem dösenden Faun um den Kopf tanzen. Zur transparenten Zartheit, die diesem Stück innewohnt, findet Gergiev erst in den letzten Takten.
Macht nichts, es darf weiter getanzt werden, diesmal mit allem Brimborium und Fortissimo im Ballsaal der Familie Capulet. Auszüge aus Hector Berlioz’ dramatischer Symphonie „Roméo et Juliette“ stehen auf dem Programm, eine sperrig zusammengestellte Suite ohne die Teile für Chor und Gesangssolisten.
Die flatternde Linke
Den fehlenden musikalischen Spannungsbogen dieser Fassung kann auch Gergiev nicht schlagen, aber er trotzt dem holprigen Reigen der Elemente dieser Suite einige emotionale Momente ab. Hier wirken die effektvollen Generalpausen, die den Abend prägen, besonders gut. Wie schon bei Debussy sind es die Flöten und Klarinetten, die, wenn Gergiev klein spielen lässt, zu spröden Streichern ihren Zauber entfalten. Welche Nuancen Gergievs flatternde Linke hier zu erarbeiten versucht, bleibt jedoch verborgen. Diese Geste des Dirigenten ist zum reinen Manierismus geworden, die ebenso wenig bedeutet wie sein regelmäßiger Griff ins Haar. Liebeskummer, Liebesnacht, Liebesdrama? Das Stück zieht über weite Strecken als Polonaise der Beliebigkeit dahin.
Nach der Pause dann Beethovens 7. Symphonie, ein rauschhaftes Tanzturnier aus durchgehenden Rhythmen. Gergiev erzeugt mit stark besetzten Celli und Kontrabässen eine volltönende Schwere und im ersten Satz dunkel herangrollendes Unheil, das den naiven Siegeswillen des Themas in die Schranken weist. Der Trauermarsch des zweiten Satzes ist mit lebhafter Geschwindigkeit angeschlagen: Hopserlauf anstatt Schlurfen
Ansonsten lassen sich die Philharmoniker von der flatternden Linken des Maestros nicht irritieren und liefern eine stellenweise kracherte, rhythmisch präzise und dennoch ausgelassen wirbelnde, bewegungsfreudige Beethoven-Vorstellung.