Themaverfehlung bei bester Tanzstimmung

„Paul van Dyk meets Verdi” in der Staatsoper: Aber der Elektronik-DJ meidet den Italiener
von  Florian Koch

Silentium!" halt es autoritär durch den Raum. Und die Menge gehorcht dem Mann mit tiefen Bass, hört auf zu zappeln und zu sabbeln. Dabei folgt keine Strafpredigt, sondern ein Geburtstagsständchen. René Pape grüßt mit „Come dal ciel precipita" aus Verdis „Macbeth" um kurz vor ein Uhr seinen Sohn Leopold, der seinem Papa dann in die Arme fällt. Die Umarmung zweier Generationen entspricht auch der Idee dieses Abends, völlig verschiedene Musik- und Zuschauer-Welten zu verschmelzen.

Paul van Dyk, Ostberliner Techno-Superstar-DJ, hatte es sich für München zur Aufgabe gemacht, seinen melodiösen Trance-Stil mit Verdi zu kombinieren. Die Bühne der Staatsoper wird zur Tanzfläche und van Dyk legt vor einem komplett leeren, faszinierend beleuchteten Zuschauerraum auf. So bekommt man als Raver den Eindruck, sich in einer gespenstischen Separatvorstellung von König Ludwig II. zu befinden. Kein Wunder, dass diese bis 2.15 Uhr andauernde Opern-Clubnacht sofort ausverkauft war.

Das Publikum aber ist angenehm gemischt. Zwischen Technofans in kurzen Hosen und Flip-Flops mischen sich auch eleganter gekleidete, ältere Neugierige, die mal hören wollen, wie sich Verdi im Electro-Remix so anhört. Den Gefallen macht ihnen der sympathische Jude-Law-Typ am Plattenteller aber nicht.

Kurz nach der Geisterstunde spielen Bläser der Staatsoper als Ouvertüre den „Aida"- Triumphmarsch. Den Verdi-Faden nimmt van Dyk aber nicht auf, sondern befreit sich mit wummernden Beats davon. Nur selten schieben sich später kurze Verdi-Anspielungen („La donna e mobile") in sein mal stumpfes, mal sphärisches 08/15-DJ-Set. So unterbricht der 41-Jährige, um dem Motto überhaupt gerecht zu werden, immer wieder gewaltsam den Trance-Flow mit live gesungenen, Micro verstärkten Live-Arien, die dann beklatscht und Handy-gefilmt werden, aber letztlich nur für sich stehen.

Während man einem Opernstar wie Pape ansieht, dass van Dyks massentauglicher Mix nicht seinem Geschmack entspricht, sind es die jüngeren Sänger, wie Iulia Maria Dan, die nicht nur kurz ihren Auftritt absolvieren, sondern später auch noch mittanzen. So wird aus „Paul van Dyk meets Verdi" immerhin noch ein „Raver meets singer”.

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