„The RollerCoStars“: Ein letztes Konzert im Atomic Cafe

17 Jahre lang galt das Atomic Cafe als Sammelpunkt für Freunde der Indie-Szene. So manche bekannte Band hatte vor ihrem Durchbruch im Atomic gespielt. Am Dienstag fand das letzte Konzert im Kult-Klub statt. Die AZ war dabei.
Ali Vahid Roodsari |
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17 Jahre lang galt das Atomic Cafe als Sammelpunkt für Freunde der Indie-Szene und guter Unterhaltung. So manche bekannte Band hatte vor ihrem Durchbruch im Atomic gespielt. Am Dienstag fand nun das letzte Konzert im Kult-Klub statt. Die Abendzeitung war dabei.

München - Die Bühne ist vorbereitet und der DJ hat die Musik aufgedreht - ein Mix aus Pop, Rock und Indie. Der Raum ist leicht abgedunkelt, einsam dreht sich die Discokugel an der Decke. Es ist halb neun und noch ist nicht viel los im Atomic Cafe. Dabei ist an diesem Dienstagabend das letzte Konzert im legendären Indie-Klub in der Neuturmstraße. Denn das Atomic soll schließen. Nicht zum ersten Mal, aber diesmal für immer.

Bereits Anfang Dezember sollte Schluss sein, doch dann kam es doch zu einer Fristverlängerung bis Silvester 2014. Grund für das Ende sind die umfangreichen Rückbauten, welche die Vermieterin verlangt.

Ein Verlust für die Musik-Szene

„Das Atomic ist eine Kulturbastion, wo nicht nur auf Geld geschaut wurde“, sagt DJ Hugo zur AZ. Zusammen mit Fräulein Diana und Zip steht er hinter dem Schaltpult. „Es ist ein Verlust für die Musik-Szene und viele junge Musiker, die hier den Anschluss gefunden haben.“ So arbeiteten beispielsweise die Sportfreunde Stiller in den ersten Jahren im Atomic hinter der Bar.

Mittlerweile ist es neun Uhr und allmählich füllt sich der Raum. Unter den Gästen sind auch Carolin (40) und Reiner (43). Sie sitzen an der Bar und wirken recht entspannt. Die beiden besuchen das Atomic seit 15 Jahren: „Wir kommen von außerhalb und mindestens drei bis viermal im Jahr. Beim letzten Konzert sind wir natürlich dabei.“

„The RollerCoStars“ geben ein letztes Mal die Ehre

Mit einer halben Stunde Verspätung treten zwei Männer auf die Bühne: Oliver Purcell und Dominik Schauer. Sie bilden die Band „The RollerCoStars“ und spielen das letzte Konzert im Atomic Cafe. Die Tanzfläche zählt nun deutlich mehr Menschen. „Danke, dass ihr alle da seid“, begrüßt Purcell die Menge. Die Besucher blicken mit strahlenden Augen auf die Bühne, während „The RollerCoStars“ mit ihrer Show beginnen. „Cornflake“ heißt ihr erster Song. Noch halten sich die Leute zurück. Spätestens nach dem vierten Song beginnt sich das aber schnell zu ändern. Jetzt rocken die „RollerCoStars“ wortwörtlich die Bühne.

„Das Atomic ist ein Stück Geschichte“

Irina und Reiner arbeiten hinter der Bar. „Das Atomic ist eine Institution“, sagt Irina. Sie arbeitet seit vier Jahren im Klub. Michael ist da etwas emotionaler: "Das Atomic ist ein Stück Geschichte und Teil meiner Vergangenheit.“ Er besucht den Klub seit über zehn Jahren. Den Verlust des Atomic stellt er mit dem Verlust seiner Jugend gleich.

Um Viertel nach zehn gibt es eine kurze Unterbrechung. „The RollerCoStars“ verlangen nach Bier und Wasser. Axel (21) und Kevin (26) sind zur Stelle und helfen den durstigen Musikern aus. Die beiden wissen selbst, wie es ist, auf der Bühne zu stehen. Schließlich bilden sie die Band „Twin Tone Trigger“. Auch sie haben im Atomic einige Auftritte hingelegt. Die beiden haben nur Gutes über den Klub zu berichten. Sie selbst haben sich hier kennengelernt und ihre Band Ende 2013 gegründet. „Am Atomic hängt so viel drin, dass man gar nicht alles aufzählen kann“, sagt Kevin. „Hier sind mit die schlimmsten und schönsten Sachen passiert“, fügt Axel hinzu. Den Verlust des Klubs bezeichnen sie als „furchtbar“.

„Over Over“

Bald ist es elf Uhr. „The RollerCoStars“ starten mit ihrem letzten Song für den Abend. Es trägt den passenden Namen „Over Over“. „Das hier ist die geilste Location in München“, verkündet Oliver Purcell. „Wir widmen dieses Lied Christian Heine.“ Damit meint er den Gründer des Atomic. Dann geht es auch los. „The RollerCoStars“ legen sich noch einmal richtig ins Zeug. Oliver liefert ein Schlagzeugsolo und die Menge tobt. Ihr Lohn besteht aus Klatschen und Jubelrufen.

Später beschreibt Oliver sein letztes Mal auf der Bühne als „geiles Gefühl“. Er findet es schade, dass es mit dem Atomic zu ende geht. „Es war gut für junge Bands“, sagt er.

Tschüss, Atomic

Um elf ist das Konzert vorbei und die DJs sorgen wieder für die Musik. Die Gästen waren von der Performance begeistert, die gute Stimmung ist bei den Anwesenden noch deutlich zu spüren. Weniger begeistert sind sie aber vom Ende des Atomic. „Es geht nicht nur um die Location, sondern auch um das Gefühl und die Musik“, sagt Besucherin Sarah im Anschluss auf das Konzert. „München braucht einen Club mit Wohnzimmeratmosphäre, wo man ungeschminkt und mit Stiefeln feiern kann“, berichtet dagegen Judith. Die 24-Jährige ist mit ihren Freunden Simon (27) und Sebastian (25) vor Ort. Zuletzt war sie vor zwei Jahren im Atomic. Nun wollte sie noch ein letztes Mal „Tschüss“ sagen, ehe der Klub für immer seine Pforten schließt. Denn nach der Silvesterparty folgt nur noch ein kurzer Epilog am Donnerstagmorgen. Dann heißt es „Tschüss, Atomic“ - und das für immer. Wir werden dich vermissen.

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