The Notwist spielen in München: Wilde Schönheit im Funkelwald

Ihre Musik ist ein fein verzweigtes Geflecht: In der Alten Kongresshalle spielen „The Notwist“ zwei ausverkaufte Konzerte – gleichzeitig gefällig und aufwühlend
Christian Pfaffinger |
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München - Die Gestalten stehen in einem dichten Wald aus Lichtern, die wie mechanische Glühwürmchen wandern. Es sind sechs Männer mitsamt allerlei Geraffel, eingewoben ins Funkeln, in ein Gerüst aus Lichtfontänen, die übergroße Schatten der Musiker an die Wände werfen. Es ist ein Geflecht, das im Kleinen filigran und im Großen überwältigend ist. Eine schöne Kulisse für eine Band, deren Musik schön komplex und gleichzeitig einfach schön ist.

"The Notwist" ist ein funkelndes Geflecht. Mit „Neon Golden“ hat die Band 2002 ein einzigartiges Album gemacht, ein Werk, das wie ein unantastbares Monument in der Musikgeschichte der Nullerjahre steht. Mit „The Devil, You + Me“ hat sie gezeigt, dass feingliedrige Raffinesse und rastlose Aufgekratzheit sich nicht ausschließen. Danach bastelten und forschten die Musiker, ihr Stil wurde noch verzweigter. In der Alten Kongresshalle in München zeigen die Weilheimer, dass sie nicht nur tüfteln und feilen, sondern sich bei aller Perfektion und allem Forscherdrang auch wild ausleben können.

Die Halle ist an zwei Abenden ausverkauft und „The Notwist“ spielen zwei Konzerte, die gleichzeitig gefällig und aufwühlend sind. Gefällig, weil sie auf Experimente verzichten und viele Stücke ihrer beiden meistbeachteten Alben „Neon Golden“ und „The Devil, You + Me“ spielen. Aufwühlend, weil alle Songs reicher, lebendiger und wilder klingen, als Fans sie von den Platten kennen. Der Klang der Halle ist kompakt und dicht, die Sounds der Band sind ohnehin das Produkt einer Edelschmiede. Entscheidend ist aber etwas anderes: „The Notwist“ schaffen es, die ganze Kraft, die in ihrer oft leisen, oft melancholischen Musik steckt, auf der Bühne zu zeigen.

Etwa bei „Pick up the Phone“, einem Lied, das aufgenommen eher zurückhaltend daherkommt und sich auf der Bühne in fast orchestrale Weiten und Höhen ausbreiten darf. Den gleichen Drang nach Außen spürt man bei einer aufs Intensivste angereicherten Version von „Run Run Run“ vom letztjährigen Album „Close to the Glass“. „The Notwist“ gönnen sich viele laute, krachende, grelle Passagen, um die süßen Melodien dazwischen umso sachter einbetten zu können.

Die kraftvolle Spannung, die sich daraus ergibt, halten „The Notwist“ bis zum Ende des gut anderthalbstündigen Konzerts auf Zug – ebenso wie das Kunststück, Lieblingslieder wie frische Abenteuer zu spielen. Das halten auch die Zugaben. Die Kombination aus „Neon Golden“, das in ein Sample von „Pilot“ übergeht und dann in einer angereicherten Version ebendieses Songs endet, ist genauso umwerfend und famos wie das unvermeidlich abschließende „Consequence“ berührend ist.

„The Notwist“ spielen in München zwei großartige Konzerte – schön komplex und gleichzeitig einfach schön.

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