Teodor Currentzis und musicAeterna mit Mozart und Beethoven

Da haut es einem die Perücke runter: Teodor Currentzis und seine wilden Originalklang-Russen in München
Robert Braunmüller |
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Der Dirigent Teodor Currentzis brachte den Originalklang nach Russland.
Sony Der Dirigent Teodor Currentzis brachte den Originalklang nach Russland.

Manche Orchester spielen, im übertragenen Sinn gesprochen, auf der Stuhlkante. Die Damen und Herren von musicAeterna steigern das: Soweit technisch möglich, stehen sie im Konzert. Das tun andere Orginalklangensembles auch. Aber nie mit einem geradezu elementaren Körpereinsatz: Ihr spirreliger Animateur Teodor Currentzis inszeniert die Daueraufgeregtheit mit röhrendem Turbolader im Normalmodus.

Dessen Mozart-Aufnahmen mit dem gleichen Ensemble sind durchaus berüchtigt für ihre schroffen Extreme und den Umschlag des historisierenden Musizierens in die grelle Karikatur. Im Konzert geht Currentzis behutsamer vor. Er lässt, auf hohem Erregungsgrundniveau, in Mozarts früher g-moll-Symphonie KV 183 das Seitenthema und ein Oboensolo durchaus zur Ruhe kommen, ehe er wieder vorprescht. Im Unterschied zu den hiesigen Ensembles, die sich auf Nachbauten alter Instrumente um den sogenannten Originalklang mühen, nehmen der Dirigent und seine Musiker dynamische Vorschriften wirklich ernst: Im langsamen Satz wurde mit Dämpfern wirklich leise und verhalten gespielt.

Und als Zugabe ein venezolanischer Kommunist

Patricia Kopatchinskaja machte in den Kadenzen des Violinkonzerts Nr. 4 KV 218 mit allerlei virtuosen Scherzchen deutlich, dass wir uns im 21. Jahrhundert und nicht mehr im Rokoko befinden. Sie geigte, als sei das Konzert die Szene aus einer Opera buffa – nicht der schlechteste Ansatz bei einem sonst sehr glatt gespielten Stück. Als Zugabe folgte Musik von Georges Ensecu und Jorge Sánchez-Chiong, den die Geigerin als „venezolanischen Kommunisten“ vorstellte.

Danach der Alt-Revolutionär Beethoven: Currentzis nahm die „Eroica“ schnell, aber nicht überhetzt. Er mäßigte, wie schon zuvor bei Mozart, das Dauerfurioso durch geschickt gesetzte Ruhepunkte. Die kamen überraschend, aber letztlich zwingend: etwa im zurückgenommenen Horn-Trio. Hingegen kam das erste Fugato im Finale etwas verwaschen daher. Und dann fegte noch die Ouvertüre zu „Le nozze di Figaro“ wie ein Sturmwind über uns hinweg. Im Sommer dirigiert Currentzis bei den Salzburger Festspielen „La clemenza di Tito“. Da werden die Perücken durch die Luft wirbeln. Aber eben nicht nur.

„La clemenza di Tito“, ab 27. Juli in der Felsenreitschule, noch Karten vorhanden, Infos unter www.salzburgfestival.at

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