Sportlicher Rundlauf zur "Ode an die Freude"

München - Auf der Bühne zwei Klaviere. Die zuständigen Herren erscheinen, der eine in schwarz, der andere in weiß. Eine Stimme kündigt einen musikalischen Boxkampf an. Dann spielen die Pianisten auch schon den Eingangschor aus Carl Orffs "Carmina burana", der in seiner langen und wechselvollen Karriere auch schon Einsätze als Boxerhymne hinter sich hat.
Andreas Kern (weiß) und Paul Cibis (schwarz) inszenieren einen Fight in sechs Runden: musikalisch und in Wortgefechten. Das Publikum stimmt per Handzeichen ab. Dann wird das Klavier des jeweiligen Rundensiegers ein Stück in Richtung einer mit Klebeband markierten Ziellinie vorgerückt.
Bravouröse Darbietungen
Die Herren spielen ziemlich virtuos Brahms, Chopin und Rachmaninow. Vorzugsweise allein, vierhändig nie. Ein Liszt-Stück versuchen sie zusammen - der eine nur die rechte, der andere nur die linke Hand. Aber sie kommen nicht weit.
Die Rollen sind klar verteilt: Obschon der Herr in Schwarz keinen Frack, sondern nur Anzug trägt, gibt er den Seriösen. Der Herr in Weiß ist für das Flippige zuständig: Seine Bandbreite reicht bis zur Spider Murphy Gang und dem Münchner Komponisten Moritz Eggert, der dem Interpreten auch Fuß- und Naseneinsatz abverlangt.
Auch das im Prinzregententheater versammelte Publikum hat bei einem sportlichen Rundlauf zur "Ode an die Freude" seinen Auftritt: Eine junge Dame, die alles verpatzt, singt zum Ausgleich das Vilja-Lied aus der "Lustigen Witwe" und einen Song von Adéle.
Da Münchner Konzertbesucher – wie beim Fußball – alles besser wissen und vor allem auch besser können, sind wir felsenfest davon überzeugt, dass es sich keinesfalls um eine heimlich Mitwirkende handelte.
Cibis und Kern verpacken ihre durchaus ernst gemeinte Botschaft hinter viel Ironie: Klassik soll Spaß machen. Und das vermitteln die beiden Herren zwei Stunden lang unverkrampfter als alle, die es vor ihnen versucht haben.