So war das Konzert von Stromae in der Muffathalle

Der belgisch-ruandische Rapper Stromae begeistert im ausverkauften Muffatwerk mit melancholisch-klagendem Sprechgesang
von  Florian Koch

Der belgisch-ruandische Rapper Stromae begeistert im ausverkauften Muffatwerk mit melancholisch-klagendem Sprechgesang

Ein Männlein tuckert in einer Draisine durch eine animierte schwarz-weiße Fantasielandschaft. Ein Sturm zieht auf, aber das Kerlchen weiß sich zu helfen, spannt die Segel auf, bis es am Ende doch durch die Luft gewirbelt wird – nur um ganz real und unter Ovationen um halb neun auf der Bühne der ausverkauften Muffathalle als Kunstfigur Stromae zu erscheinen.

Dem belgischen Superstar gelang 2010 mit „Alors en danse“ eine kleine Chartsensation. Es war der erste französischsprachige Song seit 1988 („Ella, elle l'a“), der sich an die Spitze der deutschen Hitparade setzen konnte. Dass der 28-Jährige keine Eintagsfliege ist, spürt man nach den ersten treibenden Beats von „Ta fête“. Das spindeldürre Bürschchen mit den langen Extremitäten, den kantigen Gesichtszügen und der markanten Fliege überm Hemd ist ein Perfektionist, bei dem von der unaufdringlichen, aber atmosphärischen Videoästhetik bis zum pointierten Lichteinsatz alles bis ins letzte Detail ausgeklügelt wirkt.

Er bleibt ein Individualist

Das Spannende an Stromae, der tanzbaren House mit melancholisch-klagendem Sprechgesang verknüpft, ist, dass er trotz eines exakt durchgetakteten 90 Minuten-Sets stets als origineller Individualist erkennbar bleibt. Das beginnt bei seinem unnachahmlichen Tanzstil: Stromae windet sich wie ein Wurm, macht einen Buckel wie eine Katze, hüpft wie ein Frosch und wirkt dabei trotzdem unpeinlich elegant wie ein Model auf dem Catwalk.

Wer sich dieser Körperkunst irgendwo zwischen Jean-Paul Gaultier und Michael Jackson noch entziehen kann, der wird spätestens von Stromaes Conferencier-Qualitäten bezirzt. Vom Sinnieren über Sprachprobleme, einer Dampfplauderei über Fast Food („Moules Frites“), die Tarantino alle Ehre machen würde bis hin zu einem Schmatzer für seinen Keyboarder – Stromae hat Witz. Und darüber hinaus sogar den Mut zur Publikums-Provokation, als er sich nach dem Hit „Te quiero“ einen Tisch mit Hocker bringen lässt, um gemütlich die Söckchen zu wechseln und einen Lippenstift aufzutragen.

Ähnlich gelungen-gewagt ist der Musik-Mix. Die Electro-Volten bricht der Beat-Zauberer mit der Jacques-Brel-Gedächtnis-Stimme mit radikalen Tempowechseln, ein bisschen Rumba, Ukulelen-Gejaule oder ironischen Anleihen beim 90er Jahre Eurodance. Und so bleibt auch seiner letzten Videoprojektion nichts mehr hinzuzufügen: „Merci“.

 

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