Simone Kermes würde gerne "Semiramide" in der Bayerischen Staatsoper singen

Am 28. April singt Simone Kermes im Aids-Konzert des Münchener Kammerorchesters. Und: Sie hätte Lust auf einen Auftritt im Nationaltheater
Der Harfenist Xavier de Maistre, die Cellistin Harriet Krijgh und Pianistin Lise de la Salle und natürlich Simone Kermes sind die Solisten im Prinzregententheater, wenn dort am kommenden Donnerstag das Münchener Kammerorchester zum zehnten Mal sein Aids-Konzert veranstaltet. Auf dem Programm stehen unter anderem Werke von Camille Saint-Saëns, Maurice Ravel, Reinhold Glière sowie Arien von Rossini, Donizetti und Verdi. Schirmherr ist Dieter Reiter, der Erlös kommt in diesem Jahr insbesondere dem Hilfsprogramm für Flüchtlinge der Münchner Aids-Hilfe zu Gute.
AZ: Frau Kermes, Sie tragen bei Konzerten gern spektakuläre Kostüme. Was packen Sie diesmal in den Koffer?
SIMONE KERMES: Bei einem Arienabend im Berliner Konzerthaus habe ich mich einmal für jede Arie umgezogen. Ich entwerfe meine Kleider ja selbst, und hatte zwei Kleiderständer voll dabei. Da ich in der Stadt wohne, war das kein Problem. Nach München kann ich nur einen Koffer mitnehmen. Aber nur was Schwarzes werde ich im Prinzregententheater gewiss nicht anziehen.
Stehen die Arien schon genau fest?
Ich singe eine Szene aus Rossinis „Tancredi“ und Arien aus Donizettis „Linda di Chamounix“ und Verdis „I masnadieri“. Und, wenn das Publikum gut drauf ist, eine Zugabe.
Warum singen Sie solche Rollen kaum auf der Bühne?
Bei einem Konzert kann man sich die wirklich interessanten Arien rauspicken und singen, was einem gut liegt. Außerdem ist es schwierig, mit einem großen Orchester Barockmusik aufzuführen.
Es gibt nicht viele Sängerinnen, die Barock- und Belcanto-Repertoire zusammenbringen.
Dabei ist das eine die konsequente Fortsetzung des anderen. Wenn man Musik der neapolitanischen Schule singen kann, schafft man von der Beweglichkeit der Stimme her auch die romantischen Belcanto-Arien. Vor allem Rossini ist wunderbar. Die Bayerische Staatsoper bringt bald „Semiramide“ heraus. Leider hat man mich nicht gefragt.
Schade eigentlich.
Ja, diese Oper würde ich sehr gerne singen. Ich habe den Klavierauszug. Die Staatsoper hat die Titelpartie mit einer Mezzosopranistin besetzt. Das geht, weil die Rolle nicht so hoch liegt. Aber das Publikum wird nicht die Spitzentöne hören, die eigentlich dazugehören. Eine Sopranistin kann sich in dieser Rolle schon die Freiheit herausnehmen, auch ein hohes E zu singen.
Wie groß ist bei dieser Musik die Freiheit des Interpreten?
Ähnlich wie bei Barockmusik. Man muss Freiheit und Notentreue ins Gleichgewicht bringen. Viele singen bei Wiederholungen zweimal das Gleiche. Aber schon Maria Callas und Joan Sutherland haben diese Rollen verziert. Dieses Repertoire ist durch Brüller leider versaut worden.
Singen Sie auch mal wieder Barockes in München?
Ich finde, das Prinzregententheater ist ideal für diese Musik. Ich möchte da rein mit meinem neuen Programm „Love“. Über Auftritte in München und Süddeutschland verhandle ich noch. Aber ich weiß: Ich habe hier einige Fans.
Im Aids-Konzert singen Sie auch eine Arie aus Verdis „I masnadieri“. Worum geht es in dieser wenig gespielten Oper?
Es ist eine Bearbeitung von Schillers „Räubern“. Ich singe eine Arie der Amalia. Sie glaubt, dass ihr Geliebter Karl tot ist: Das ist eine lyrische, sehr schöne Arie mit Harfenbegleitung. Dann erfährt sie, dass er lebt, und es folgt eine euphorische Stretta mit Koloraturen. Verdi hat die Oper für Jenny Lind komponiert, die „schwedische Nachtigall“. Die beiden haben sich nicht gut verstanden, aber es ist trotzdem wunderbare Musik. Wenn man sich die Noten ansieht, wird man feststellen, dass die Lind keine besonders fette Stimme hatte.
Sie haben auch schon Verdis „I due Foscari“ gesungen.
Das ist für eine ähnliche Stimme geschrieben. Für einen typischen Verdi-Sopran ist das zu schwer, und deshalb wird oft die zweite Arie zusammengestrichen. Leider haben viele Dirigenten kaum Ahnung von historischen Stimmtypen. Man müsste diese Musik öfter im Originalklang aufführen.
Sie waren doch einmal bei einem historisierenden „Troubadour“ dabei.
Diese Aufführung unter Michael Hofstetter hat den Puristen nicht gefallen. Aber Verdi hat für die Leonora Kadenzen geschrieben, die bis zum hohen D gehen. Das steht in den Noten. Aber niemand singt es. Auch wenn man Verdi miserabel aufführt, kommt doch immer etwas Gutes dabei heraus – ähnlich wie bei Bach und Johann Strauß. Robert Braunmüller
Prinzregententheater, 28. April, 20 Uhr. Karten von 35 bis 85 Euro unter Telefon 46 13 64 30, bei Münchenticket oder unter www.m-k-o.de. Im Anschluss an das Konzert findet ein Fest im Gartensaal statt, zu dem alle Konzertbesucher eingeladen sind