Sido: "Ich bin immer noch der Krasseste"
Berlin - Viel ist passiert seit Sidos bis dato letztem Studioalbum "Aggro Berlin" im Jahr 2009. Die Hochzeit mit Moderatorin Charlotte Engelhardt, ein gemeinsames Baby und diverse andere Verpflichtungen hielten den Berliner Rapper abseits der Musik auf Trab. Nun aber kehrt er zu seinen Wurzeln zurück und verarbeitet die Eindrücke der vergangenen Jahre auf seiner neuen Platte "30-11-80", die einen Tag vor seinem 33. Geburtstag erscheint. Im Gespräch mit der Nachrichtenagentur spot on news erzählt Sido nicht nur, welcher seiner Lieblingsrapper auf dem Album fehlt und auf welchem Track Udo Lindenberg eigentlich singen sollte, sondern auch, was er für seine berufliche Zukunft plant.
Sie melden sich auf Ihrem neuen Album mit dem Auftaktsong "Hier bin ich wieder" zurück. Wie sehr hat es in den Fingern gekribbelt, nach vielen anderen Projekten und privaten Höhepunkten, wieder Musik zu machen?
Sido: Es hat mir sehr in den Fingern gekribbelt, besonders um den Leuten zu zeigen, dass ich immer noch der Krasseste bin. Und um mir selber das auch zu beweisen. Natürlich ist in der Zwischenzeit genug passiert, sodass ich auch genug erzählen konnte. Es hat sich viel verändert, und so klingt das Album auch.
Sie haben das Album auf Santorin aufgenommen. Wie kam es dazu?
Sido: Ich muss immer weg sein, wenn ich ein Album mache. Ich kann nicht zu Hause sein und dann nach dem Studio heim kommen, meine Füße hochlegen, fern sehen und dann vielleicht drei Tage wieder nicht ins Studio gehen, weil ich keinen Bock habe. Ich muss konzentriert daran arbeiten und das kann ich am besten, wenn ich weg bin. Und die Produzenten kannten eben dieses Studio in Santorin und haben es gebucht; von mir aus hätte es auch irgendwo anders sein können. Ich hatte von dem Pool und dieser Aussicht nicht wirklich viel, weil ich mehr gearbeitet habe, als die Freizeit zu genießen.
Was lag Ihnen besonders am Herzen, das Sie auf diesem Album verewigen wollten?
Sido: "Einer dieser Steine" lag mir besonders am Herzen. Ich glaube, dass das Lied am besten meine Veränderung beschreibt und wo es herrührt, das ich so reflektierend auf diesem Album bin.
In welcher Situation kam Ihnen die Idee für diesen Song?
Sido: Da waren wir in Los Angeles. Meine Frau ist gefahren und ich habe sie angesehen, als wir über die Hollywood-Hills gefahren sind. Da ist mir dieser Satz gekommen. Wie wohl ich mich fühle mit ihr, dass ich so locker und anders geworden bin. Und dass ich vorher so ein bisschen versteifter war.
Auf dem Album sind gleich zwei Songs mit Marc Foster, "Einer dieser Steine", und "Irgendwo wartet jemand". Warum ausgerechnet mit ihm?
Sido: Ich bin vor circa zwei Jahren mit meiner Frau viel rum gefahren und wir haben im Auto immer diesen Song "Auf dem Weg" von ihm gehört. Der hat irgendwie unsere Lebenssituation damals beschrieben. Ich finde der Typ ist so underrated, der könnte oder sollte viel mehr Erfolg haben, denn er ist wirklich krass. Da war mir schnell klar, ich will ihn auf meinem Album featuren. Dann kam mir die Idee mit "Einer dieser Steine" und da wusste ich, dass er das singen muss. Den anderen Song sollte eigentlich Udo Lindenberg singen, aber der wollte nicht. Dann habe ich gesagt, soll Marc das singen, weil er auch das Demo für Udo eingesungen hatte.
Sie haben den Song "Arbeit" mit Helge Schneider aufgenommen. Welche Atmosphäre herrscht, wenn Helge und Sido einen Text schreiben?
Sido: Das ist lustig, ich versuche sehr konzentriert zu arbeiten und Helge schweift immer wieder ganz weit ab. Wenn es nach ihm geht, würde man den Song auch nochmal ändern, während man gerade schreibt, weil er dann doch noch eine bessere Idee im Kopf hat. Er springt auf, tanzt rum und springt mal schnell in den Pool, während ich da sitze und überlege. Er macht das alles ein bisschen lockerer, ich sitze dann eben da sehr versteift und versuche, auf den Punkt zu kommen.
Ein Song mit Helge Schneider oder die Zeile "Sinti aus Marzahn" im Song "Enrico"... Worüber können Sie lachen, bei welchen Comedians?
Sido: Ich kann am meisten über US-amerikanische Stand-up-Comedy lachen. Katt Williams oder Kevin Hart, die finde ich lustig. Die deutschen Comedians trauen sich leider nicht, Grenzen zu überschreiten. Die bleiben immer sehr politisch korrekt, das finde ich schade. Comedy darf gerne mal die ein oder andere Grenze überschreiten.
Wenn man Songs mit so vielen Künstlern aufnimmt, kennt man die alle vorher, oder lernt man sie erst bei den Aufnahmen kennen, weil man immer schon mal etwas mit ihnen machen wollte?
Sido: Das war der Fall bei Marius Müller-Westernhagen, den kannte ich vorher noch nicht. Ich hatte diesen Song, wollte ihn dafür haben und dachte: Wir fragen ihn einfach mal an, wahrscheinlich wird er aber auch absagen wie Udo Lindenberg. Aber er hat ja gesagt, wir haben uns kennengelernt und dann schnell entschieden, dass wir den Song zusammen machen wollen. So war es bei ihm. Die Leute auf dem Song "30-11-80" kenne ich zum Beispiel alle.
Da haben Sie ja "fast" alle ihre Lieblingsrapper vereint. Wer fehlt auf dem Song, den Sie gerne dabei gehabt hätten?
Sido: Haftbefehl fehlt. Aber der wollte nicht, weil auf dem Song Leute mit drauf sind, mit denen er nichts zu tun haben will.
Wer ist Ihrer Meinung nach der beste Rapper Deutschlands?
Sido: Das ist Sido. Der zweitbeste ist B-Tight. Ich finde auf "30-11-80" hat er vielleicht sogar die beste Strophe.
Bereiten Sie sich schon auf die Tour im nächsten Jahr vor?
Sido: Wir planen schon und ich habe mich auch schon mit der Band getroffen. Ich kann verraten, dass es "hip-hopiger" wird. Ich habe die Gitarre rausgeschmissen aus der Band, weil das die Sache immer etwas zu rockig gemacht hat. Wir legen jetzt mehr Augenmerk auf Drums, und die Bühne wird an das Album Artwork angelehnt sein.
Mode, Filme, Castingshow, Tatoostudio, Musik. Brauchen Sie die Abwechslung neben der Musik, diese ständige Beschäftigung - oder machen Sie es einfach nur aus Spaß?
Sido: Nee, es ist ganz schön viel und manchmal denke ich auch, ich sollte mal ein bisschen weniger machen. Aber es sind alles Sachen, für die ich mich auch interessiere. Ich würde sogar gerne noch ein Restaurant aufmachen, das wäre noch so ein Wunsch von mir.
Was für eins?
Sido: Da bin ich mir noch nicht ganz sicher. Es wird entweder ein Hausmannskostladen, also wo es Rouladen, Gulasch und Schmorbraten gibt. Oder es wird ein bisschen elitärer, ein kleinerer Laden, mit gehobener Küche: Filet, Chateaubriand und sowas, was ich auch sehr gerne esse. Aber ich brauche auch die Zeit dafür und die habe ich momentan nicht. Ich möchte, wenn ich so etwas mache, auch wirklich involviert sein. Und nicht einfach irgendwem Geld geben und sagen: "Hier, mach mal ein Restaurant auf". Das sollen meine Rezepte sein, die da gekocht werden.
Wollen Sie auch selbst kochen?
Sido: Die Zeit habe ich wirklich nicht.
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