Schlag auf Schlag ins Open-Air-Glück

Martin Grubinger und die Philis beim zweiten Abend von „Klassik am Odeonsplatz“
von  Robert Braunmüller

Eigentlich sind die Münchner Philharmoniker ja die Konservativen unter den hiesigen Orchestern. Beim zweiten Abend von „Klassik am Odeonsplatz“ erwiesen sie sich diesmal aber als die ganz forschen Jugendlichen. Und ihre vom Fernsehen zum Opern-Wunschkonzert genötigten Kollegen vom Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks wirkten rückblickend doch stark ergraut.

Mit George Gershwins swingender „Cuban Ouverture“ versetzte das Orchester der Stadt den ausverkauften Odeonsplatz umgehend in Sommerstimmung. Dann wirbelte sich Schlagzeuger – Pardon! – Multipercussionist Martin Grubinger mit einem krachenden Kavalierstart in „Frozen in Time“ des israelischen Komponisten Avner Dorman. Die jazzigen Ecksätze dieses Konzerts sind echter Kraftsport – da hörte auch der von seiner Liebsten widerspenstig zur Klassik genötigte Motorradfahrer, der lieber eine Spritztour in den Sonnenuntergang unternommen hätte, staunend zu. Aber auch der mehr ans Herz gerichtete Mittelteil „Eurasia“ mit seinen Anspielungen auf Mozarts Klavierkonzerte provozierte spontanen Applaus bei den 8000 gebannten Zuhörern vor der Münchner Feldherrnhalle.

Keine Mensch dachte in diesem Moment daran, dass eben eigentlich Neue Musik eines Musikers aus dem Jahrgang 1975 erklungen war. Solche der harmloseren Sorte zwar, mit Anflügen von Weltmusik, aber immerhin. Sie lockte auch ein eher jüngeres Publikum auf den Platz.

Grubinger bedankte sich mit zwei Zugaben – das artistische Trommelstück war übrigens eine eigene Komposition. Nach der Pause folgte ein Odeonsplatz-Klassiker: Antonin Dvorák Symphonie Nr. 9 „Aus der Neuen Welt“ – das perfekte Stück, um das leidenschaftliche Blech, die sensiblen Holzbläser, die charaktervollen Streicher und den dunklen Traditionsklang der Philharmoniker herauszustellen. Besonders schön gelang der zurückhaltend musizierte langsame Satz mit dem Englischhornsolo (Kai Rapsch).

Als Zugabe dirigierte der junge Amerikaner James Gaffigan keinen „Slawischen Tanz“, sondern die trocken moussierende Ouvertüre zu Rossinis „Diebischer Elster“. Da drauf noch nachträglich einen Hugo! Ein schönes Konzert, und dank des prächtigen Wetters das beste „Klassik am Odeonsplatz“-Wochenende seit Jahren!
 

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