Sag’ zum Abschied leise danke

Mit Wagners „Parsifal“ enden nicht nur die Opernfestspiele, sondern auch die Ära des Kent Nagano, der in Jubel baden darf
Christa Sigg |
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Nur zwischen den Sängern hellt sich seine Miene für einen kurzen Moment auf. Hat Kent Nagano je gelächelt, wenn er allein auf der Bühne stand? Man kann sich kaum noch erinnern, so ernst ist dieser Blick in einem Meer von Jubel. Die Festspielgäste lassen Nagano an seinem letzten Abend nicht aus, immer wieder muss er vor den Vorhang. Dann verbeugt sich der zierliche Mann, der im opulenzverliebten München auch nach sieben Jahren wie ein krischpelig-ätherischer Fremdkörper wirkt, verschwindet und kommt mit dem Ensemble zurück.

Alle haben sich noch mal mächtig ins Zeug gelegt, die Staatsoper spendierte ein Feiertagsaufgebot: Sogar die Zaubermädchen waren mit Haus-Goldkehlchen wie Anna Virovlansky, Tara Erraught oder Angela Brower besetzt. Doch weil alle gar so viel wollten, war’s am Anfang etwas krampfig. Nagano wählte im Vorspiel noch breite Tempi, unterstrich Wagner-Gewichtigkeit, die zuweilen laut ins Ohr drang. So, als wollte der scheidende Generalmusikdirektor betonen, dass er Kirill Petrenko weder heimlich, noch still und leise den Platz räumt.

Immerhin glimmten die hohen Streicher durch allerlei Bläsersalven, die Transparenz wurde gewahrt. Allerdings hatten’s die Sänger schwer, mit dem Staatsorchester mitzuhalten. Kwangchul Youn, dessen Gurnemanz längst zur souveränen Gralseminenz gereift ist, hätte manchen Schönton wohl gerne etwas mehr gedehnt. Gebannt lauschte man seiner Gralserzählung, textverständlich war er bis ins Detail. Das überraschte erst recht beim hämisch-dunklen Klingsor des famosen Evgeny Nikitin (dessen Tattoos unterm offenen Mantel weggepinselt wurden), dem vitalen Titurel von Ante Jerkunica und dem Gros der Gralstruppe (von Tareq Nazmi bis Ulrich Reß).

Parsifal Christopher Ventris überzeugte in Peter Konwitschnys immer noch frischer Inszenierung als reiner Tor. Damit war er das ideale Gegenüber für die wissende Kundry der Petra Lang und Thomas Hampson, der seinen Amfortas mit viel Schmerz in der Stimme an psychische Grenzen schraubte.

In einem überwältigenden dritten Aufzug bescherte Nagano schließlich die Erlösung. Im echten Leben gab’s die leider nur bedingt. Denn alles schien im Beifallsorkan für den Dirigenten auf eine besondere Geste zu warten. Doch Nikolaus Bachler hatte seine Loge längst verlassen und ward nicht mehr gesehen. Vermutlich, weil er hinterm Vorhang den Groß-Empfang für Spezl Kent vorbereitet hatte und die Champagnerflaschen eigenhändig köpfen wollte.

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