Roxette: Eine Ausnahmekarriere made in Sweden

Bittersüßes Jubiläum: Roxette feiern ihren 30. Bandgeburtstag mit einem neuen Album und reichen zugleich den Abschied von der Bühne ein. Immerhin können sie auf eine phänomenale Pop-Karriere zurückblicken.
(kd/spot) |
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Neben ABBA gehörten Roxette ("Joyride") zu den wichtigsten Pop-Exporten Schwedens. Ende der 80er und Anfang der 90er war das Duo aus Per Gessle (57) und Marie Fredriksson (58) eine der Bands, an denen einfach keiner vorbeikam. Das gar nicht so geheime Erfolgsrezept: Die amazonenhafte Ausstrahlung von Fredriksson und natürlich perfekt produzierte Popsongs, die sofort ins Ohr gehen - nicht von ungefähr trug eine Best-Of den Titel "Don't Bore Us - Get to the Chorus!". Ausgerechnet zum 30-jährigen Jubiläum und kurz vor ihrem heute erscheinenden neuen Album "Good Karma" haben Roxette ihren Abschied von der Bühne angekündigt. Grund genug, einen Blick zurück auf ihre Ausnahmekarriere zu werfen.

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Am Anfang stand ein Fehlstart

Gessle und Fredriksson waren schon seit den 70ern im Musikgeschäft unterwegs. Gessle spielte in einer der beliebtesten schwedischen Bands, Gyllene Tider. Die Wege der beiden kreuzten sich immer wieder. Unter anderem war Fredriksson auch auf dem Album "The Heartland Café" zu hören, mit dem Gyllene Tider 1984 den internationalen Markt erobern wollten. Ihr US-Label veröffentlichte unter dem Titel "Heartland" nur eine Auswahl der Songs und beantragte zudem einen weniger schwedisch klingenden Bandnamen. Gessle und seine Kollegen entschieden sich für Roxette, nach einem Song der britischen Band Dr. Feelgood. Doch "Heartland" floppte, Gyllene Tider beerdigten daraufhin nicht nur ihre internationalen Pläne, sondern lösten sich wenig später ganz auf.

Gessle und Fredriksson arbeiteten daraufhin an ihren Solokarrieren, bis EMI-Manager Rolf Nygren ihnen empfahl, es doch mal als Duo zu versuchen. Trotz des vorherigen Debakels nutzten die beiden dafür erneut den Namen Roxette, doch dieses Mal klappte es auf Anhieb mit dem Erfolg: Die erste Single "Neverending Love" (1986) verkaufte sich in Schweden 50.000 Mal und legte den Grundstein für eine erfolgreiche Karriere in der Heimat. Bis zum internationalen Durchbruch dauerte es dagegen noch etwas. Dabei hatte einer der vielleicht glücklichsten Zufälle in der Pop-Geschichte seine Finger im Spiel.

Musikalisches Souvenir mit Folgen

Der amerikanische Austauschstudent Dean Cushman brachte 1988 aus Schweden das zweite Roxette-Album "Look Sharp" mit ins heimatliche Minneapolis und reichte es an einen örtlichen Radiosender weiter. Die Single "The Look" mauserte sich dort schnell zu einem Publikumsliebling. Andere Stationen griffen den Song auf und "The Look" wurde zu einem waschechten Radio-Hit, bevor Roxette in den USA überhaupt einen Plattenvertrag hatten. Doch nun war auch ihre Plattenfirma EMI vom internationalen Potenzial der Band überzeugt und veröffentlichte 1989 "The Look" weltweit. Die Single erreichte in den USA und vielen anderen Ländern die Spitze der Charts.

Für den nächsten Karriereschub bekamen Roxette Schützenhilfe aus Hollywood: Die Macher von "Pretty Woman" wollten ein Stück des Duos auf dem Soundtrack haben. Da Roxette laut Gessle keine Zeit für eine neue Komposition hatten, nahmen die Produzenten schließlich "It Must Have Been Love", der Song war bereits 1987 in Schweden als Weihnachtssingle veröffentlicht worden. Die romantische Komödie mit Richard Gere und Julia Roberts wurde nach ihrem Kino-Start 1990 zu einem der beliebtesten Filme aller Zeiten und "It Must Have Been Love" zu Roxettes größtem Hit, der sich unter anderem zwei Wochen lang an der Spitze der US-Charts hielt.

Nachlassender Erfolg und ein Schicksalsschlag

Mit dem folgenden Album "Joyride" gingen Roxette 1991 erstmals auf große Welttournee und spielten vor insgesamt 1,7 Millionen begeisterten Fans. Der Erfolg in den USA ließ in den 90ern jedoch schnell nach, wofür unter anderem Gessle selbst die neue Grunge-Welle verantwortlich machte. In anderen Teilen der Welt wie Südamerika, Australien und natürlich Europa verkauften Roxette dagegen weiterhin Millionen von Platten. Zu Beginn des neuen Jahrtausends wurde ihre Karriere jedoch durch einen Schicksalsschlag unterbrochen.

Am 11. September 2002 verlor Fredriksson in ihrem Badezimmer das Bewusstsein, stürzte und erlitt eine Gehirnerschütterung. Im Krankenhaus stellten die Ärzte dann bei der Sängerin einen Gehirntumor fest. Fredriksson musste sich einer Operation sowie einer langwierigen Chemo- und Bestrahlungstherapie unterziehen. In dieser Zeit hatte sie phasenweise Schwierigkeiten beim Lesen, Schreiben und Rechnen und mied die Öffentlichkeit.

Der lange Weg zum Comeback

Der Musik blieb Fredriksson zwar treu, allerdings komponierte sie lieber zusammen mit ihrem Ehemann Mikael Bolyos. Denn in der Band hatte schon zuvor der Haussegen schief gehangen: Fredriksson fühlte sich von den Männern im Team, insbesondere dem damaligen Produzenten unterdrückt, wie sie erst 2015 in ihrer Autobiographie verriet. 2004 veröffentlichte sie das viel beachtete Solo-Album "The Change", in dem sie ihre Krankheit verarbeitete. Auch Gessle verfolgte in der Zwischenzeit andere Projekte und brachte unter anderem Gyllene Tider wieder zusammen.

Im Oktober 2005 gab Fredriksson bekannt, dass sie den Krebs besiegt habe. 2006 feierten Roxette ihr 20-jähriges Jubiläum mit der "Rox Box", die neben den alten Hits auch zwei neue Songs enthielt. Auf eine echte Rückkehr der Band mussten die Fans jedoch noch etwas warten: Am 5. Mai verkündeten Roxette, dass sie im Rahmen der "Night of the Proms"-Konzertreihe ihr Comeback geben würden. Schon am nächsten Tag holte Gessle bei einem Solo-Konzert in Amsterdam überraschend Fredriksson für die Roxette-Hits "It Must Have Been Love" und "The Look" auf die Bühne.

Das Ende?

In den folgenden Jahren erlebten Roxette einen zweiten Frühling mit zwei erfolgreichen Alben und zahlreichen Konzerten. Schon im Herbst 2014 brach die Band zur großen Welt-Tournee zu ihrem 30-jährigen Jubiläum auf. Im April 2016 dann der Schock: Roxette sagten die restlichen Termine ab, denn Fredriksson könne auf Anraten ihrer Ärzte nicht mehr touren. "Ich habe keine Kraft mehr", ließ sie ihre Fans wissen. Fredriksson leide immer noch an den Folgen der Krebserkrankung, erklärte Gessler später: "Auf einem Auge ist sie fast blind, schlimmer steht es aber um ihr Bein. Sie ist sehr eingeschränkt beim Laufen", erzählte er etwa RTL. Schon die letzten Konzerte musste die Sängerin im Sitzen absolvieren, sich beim Betreten und Verlassen der Bühne stützen lassen.

Fans können sich dafür mit dem neuen Album "Good Karma" trösten: Roxette punkten mit einem zeitgemäßen Sound, ohne ihre Trademarks aufzugeben: Perfekt produzierte Popsongs eben, die sofort ins Ohr gehen. Und auch wenn Fredriksson die Kraft für Auftritte fehlt, auf Platte merkt man ihrer Stimme nichts davon an. Da wundert es nicht, dass Gessle Roxette noch nicht ganz aufgeben will: Er ließ bereits durchblicken, dass die Fans zwar nicht mehr auf weitere Auftritte, womöglich aber neue Musik aus dem Studio hoffen können. Das letzte Kapitel von Roxette ist also vielleicht doch noch nicht geschrieben.

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