"Reincarnated": Snoop Dogg als Bob Marley
Tiefenentspannter Reggae und hedonistischer Gangster-Rap – auf dem Papier passen diese Musikrichtungen in etwa so gut zusammen wie Priester und Swingerclubs. Doch bereits die ersten Sätze von Snoop Doggs heute erscheinender neuer Platte „Reincarnated“ machen klar, warum der Raphund jetzt lieber ein Reggaelöwe sein will.
Mit seiner markanten, aber diesmal tieftraurig wirkenden Stimme philosophiert der hagere Superstar darüber, dass im Musikgeschäft nur noch Chaos und Tod vorherrschen würden: „Wir lieben die Musiker nicht, während sie hier sind auf Erden, wir lieben sie erst, wenn sie nicht mehr da sind. Ich aber will zu Lebzeiten geliebt werden und der einzige Weg dahin ist, selbst Liebe zu geben.“ Auslöser für Snoops Sinneswandel ist der Tod seines Cousins Nate Dogg. Zwar fiel der R&B-Sänger 2011 nicht wie Tupac oder Notorious B.I.G einem Kugelhagel, sondern einem Schlaganfall zum Opfer, dennoch wollte sich Snoop Dogg nach dieser Tragödie erst einmal eine Auszeit vom Pimpgehabe gönnen.
In Jamaika fand der 41-Jährige ein spirituelles und musikalisches neues Zuhause. Als selbsternannte Bob-Marley-Reinkarnation ließ er sich von einem - wen wundert’s - bekifften Inselpriester zu „Snoop Lion“ umtaufen. Seine Marihuana-Rauch umnebelte Reise in die Slums von Trenchtown wurde auch im Film „Reincarnated“ dokumentiert, der heute um 23.15 Uhr im Cinemaxx zu sehen ist.
Wahre Rastafaris wie Bunny Wailer unterstellten Snoop deshalb später Verlogenheit und kommerzielle Interessen. Ein fast schon naiver Vorwurf, immerhin trat der charismatische Hanfanbeter für Geld sogar in einem Werbespot als Roy Black auf. Wenig überraschend ist sein Album von echtem Roots Reggae dann auch so weit entfernt wie Berlin von einem neuen Flughafen.
Dennoch verstecken sich zwischen üblen Techno-Ausrutschern („Get Away“) oder süßlichem Kinderchor-Pop („The Good Good“) auch schöne Nummern wie die reduzierte Anti-Waffenhymne „No Guns Allowed“ oder das bläserlastige „Lighters Up“. Und fast nebenbei nimmt Snoop im chartstauglichen Duett „Ashtrays And Heartbreaks“ das ehemalige Disney-Sternchen Miley Cyrus in seine Kiffergemeinde auf. Da gilt wieder der Spruch: Ist der Ruf erst ruiniert, wende dich ganz ungeniert - an Snoop. Florian Koch
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