Rea Garvey im Interview: "Im Backstage fing alles an"

München - AZ-Interview mit Rea Garvey: Der 49-jährige irische Sänger wurde als Frontmann der 2010 aufgelösten deutschen Rockband Reamonn bekannt. Garvey tritt auch regelmäßig als Juror in TV-Shows wie "The Voice of Germany" auf.
Rea Garvey: Ungezwungene Lässigkeit und soziales Engagement
Eine mediale Dauerpräsenz kann auch abschrecken. Nicht so bei Rea Garvey. Dabei hat der Sänger mit dem markanten irischen Akzent in den letzten Jahren kaum eine TV-Musik-Show ausgelassen.

Was den Popstar jedoch von so manchem Kollegen unterscheidet, ist seine ungezwungene Lässigkeit und ein langjähriges glaubwürdiges soziales Engagement für Klima- und Kinderschutz. Für seine Beteiligung am Clearwater Project, das sich Wasseraufbereitungsanlagen für Menschen im Amazonas widmet, erhielt Garvey 2015 einen Bambi.
Rea Garvey: In München feierte er seine Erfolge
AZ: Mister Garvey, Sie spielten bereits 2017 auf dem Tollwood-Festival. Wie sind Ihre Erinnerungen an den Abend?
REA GARVEY: Als wir das letzte Mal dort auftraten, waren meine ältesten Freunde aus Irland mit dabei. Wir haben dann bis in die Morgenstunden gefeiert. Es war einer dieser Tage, die man nicht so schnell vergisst.
Stichwort München. Was verbindet Sie mit der Stadt?
Vieles. Ich habe mit meiner Band Reamonn meinen ersten großen Plattenvertrag im Backstage-Bereich des Clubs "Backstage" unterzeichnet. Wir sind dann viele Male nach München gereist, um mit unserem Label Virgin Records, das in München ansässig war, unsere Erfolge zu feiern. Ich persönlich liebe an der Stadt die überall sichtbare Kultur und das Gefühl in einem Dorf zu sein, auch wenn München natürlich eine Großstadt ist.
Rea Garvey: "Die Welt und die Menschheit sind nun mal nicht perfekt"
Ihr Album "Hy Brasil" ist ein Aufruf zu mehr Mut und Vertrauen. Sind diese Werte in einer schwierigen Zeit, man denke an Corona, den Ukraine-Konflikt oder die Klimakrise, besonders gefährdet?
Wenn man akzeptiert, dass Aufgeben keine Option ist, wird man beim Versuch, das Leid zu überwinden, auch kreativ. Wir werden täglich mit Informationen überflutet, die überwältigend sind. Und ich finde es wichtig, sich manchmal auf die kleineren Dinge zu konzentrieren, um auch wieder ein positives Gefühl und ein Vertrauen in sich selbst zu bekommen.
Wie darf man sich diesen Prozess denn vorstellen?
Früher habe ich geglaubt, dass eine Person nicht die Welt verändern kann. Aber das stimmt nicht. Jemand muss irgendwann "der Erste" sein, damit sich auch etwas zu verändern beginnt, dass uns alle dazu befähigt das Gleiche zu tun. Die Welt und die Menschheit sind nun mal nicht perfekt, die Unzulänglichkeiten sind aber Teil unserer DNA. Es passieren auch immer wieder großartige Dinge. Aber wir neigen dazu, uns auf Katastrophen zu fokussieren, von denen ich weiß, dass sie unsere heutige Jugend auf Dauer entmutigen. Ich sage meinen Kindern immer, dass 99,9 Prozent der Menschen gut sind, aber wir hören leider nur von den 0,1 Prozent.
Rea Garvey: "Es sind die Gespräche, die meine Freundschaften ausmachen"
Ihr Song "Talk To Your Body" ist eine Liebeserklärung an das Leben. Wann können Sie selbst so richtig abschalten?
Um ehrlich zu sein, kann ich mich daran gar nicht erinnern. Ich habe nach zwei Jahren Pandemie aber auch nicht das Bedürfnis vollständig abzuschalten, um mein inneres Ich zu finden. Ich sehe mich als aufgeschlossenen Menschen, der andere Menschen um sich herum braucht, um das Leben in vollen Zügen zu genießen. Ich versuche, diesem Gefühl so häufig wie möglich nachzugehen.
Sie haben mit Michael Patrick Kelly die Single "Best Bad Friend", ein Song über Freundschaft, aufgenommen. Was zeichnet für Sie eine gute Freundschaft aus?
Es sind die Gespräche, die meine Freundschaften ausmachen. Meine Freunde wissen auch, dass ich mich gerne hinsetze und mit ihnen über das Leben und all das, was es ausmacht, rede. Ich liebe es aber auch, mit meinen Kumpels zu essen und ein Glas Bier oder einen guten Wein zu genießen. Meine engen Freunde schätzen es, dass sie sich auf mich verlassen können, ich bin aber auch auf sie angewiesen.
Rea Garvey und seine Ukraine-Hilfe: Unterstützung von Familien ist am wichtigsten
Sie sind auch für ihr soziales Engagement bekannt, waren mit ProSieben zuletzt vor Ort in der Ukraine.
Der Krieg in der Ukraine hat jeden in Europa getroffen. Wir alle haben nun die Aufgabe, den Kindern und Müttern, die bei uns Schutz suchen, zu helfen. Ich rede darüber auch gerne, ziehe es aber vor zu handeln.
Wie sieht diese Hilfe denn konkret aus?
Mit unserem Hilfsprojekt "Saving an Angel" sind wir seit 2018 im Osten der Ukraine tätig. Unser Netzwerk haben wir zu einem Vertriebskanal für Lebensmittel, Medikamente und Hygieneprodukte aufgebaut. Was mich vor Ort in der Ukraine am meisten berührt hat, war das unglaubliche Zusammengehörigkeitsgefühl und der Gemeinschaftsgeist. Alle waren damit beschäftigt, den Bedürftigen zu helfen. Für mich war es ermutigend zu beobachten, zu was Menschen in der Not fähig sind.
Wie kann man den Flüchtlingen ihrer Meinung nach in der Zukunft am besten helfen?
Am wichtigsten ist momentan die Unterstützung von Familien, die vor den Bombenangriffen und Bodenkämpfen fliehen, mit der Bereitstellung von Schlafplätzen, Essen und medizinischer Versorgung. Am Ende müssen wir aber auch denen, die glauben, dass der Krieg die einzige Antwort sei, zeigen, dass die Zahl derer, die den Frieden wollen, größer ist.
Für das Konzert am 16. Juni in der Tollwood Musik-Arena gibt es noch Karten.