Rauswurf angedroht: Gergiev reagiert (noch) nicht auf Reiters Ultimatum
München - Die Münchner Künstleragentur des russischen Dirigenten Valery Gergiev hat sich am Montag vom 68-Jährigen getrennt.
Künstleragentur trennt sich von umstrittenem Gergiev
"Vor dem Hintergrund des verbrecherischen Krieges, den das russische Regime gegen die demokratische und unabhängig Nation der Ukraine und gegen die gesamte offene Europäische Gesellschaft führt, ist es uns unmöglich und unlieb geworden, die Interessen von Maestro Gergiev zu vertreten", teilte Agenturchef Marcus Felsner mit.
Gergiev, Chefdirigent der Münchner Philharmoniker, ist ein Freund des russischen Präsidenten Wladimir Putin und galt bislang als Unterstützer seiner Politik.
Die Entscheidung breche ihm das Herz, schrieb Felsner. Gergiev sei einer der größten Dirigenten unserer Zeit, "ein visionärer Künstler, den viele von uns lieben und bewundern", der aber "seine seit langem ausgedrückte Unterstützung für ein Regime, das inzwischen Verbrechen begeht, nicht öffentlich beenden wird oder kann".
Bislang keine Reaktion von Gergiev auf Reiter-Ultimatum
Gergiev droht weiteres Ungemach: Der Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) hatte Gergiev am Freitag ein Ultimatum gesetzt – wenn er sich nicht bis zum Montag (28. Februar) von Putin und dessen Angriffskrieg auf die Ukraine distanziere, könne der Russe nicht weiter Chefdirigent der Münchner Philharmoniker sein.
Nach Angaben der Stadt hatte Gergiev bis Mitternacht in der Nacht zu Dienstag Zeit, sich zu äußern. Bis zum Montagnachmittag hatte er das nach Angaben einer Sprecherin allerdings nicht getan. Daraufhin veröffentlichte die Stadt ein Statement, wonach sich OB Reiter am Dienstag zur Causa Gergiev äußern wolle.
Lucerne Festival lädt Gergiev aus
Unterdessen lud eines der renommiertesten Musikfestivals für klassische Musik, das Lucerne Festival am Vierwaldstättersee in der Schweiz, Gergiev aus. Er sollte am 21. und 22. August mit dem Mariinski-Orchester aus St. Petersburg in Luzern aufgetreten.
"Angesichts der völkerrechtswidrigen Kriegshandlungen Russlands setzen wir ein klares Zeichen der Solidarität für die Menschen in der Ukraine", teilte Intendant Michael Haefliger am Montag mit. "Wir sind zutiefst betroffen und verurteilen den Angriff auf die Ukraine und auf Unschuldige aufs Schärfste." Das Festival findet vom 9. August bis zum 11. September statt.
Der 68 Jahre alte Gergiev ist seit 2015 Chefdirigent der Münchner Philharmoniker. Die Freundschaft mit dem russischen Machthaber Putin bringt ihn immer wieder in die Kritik. Im Jahr 2014 unterschrieb er einen Künstler-Appell zur Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim durch Russland und bekannte sich damit offiziell zur Politik Putins.
Münchner OB Reiter fordert klare Distanzierung von Gergiev
"Ich habe gegenüber Valery Gergiev meine Haltung klargemacht und ihn aufgefordert, sich ebenfalls eindeutig und unmissverständlich von dem brutalen Angriffskrieg zu distanzieren, den Putin gegen die Ukraine und nun insbesondere auch gegen unsere Partnerstadt Kiew führt", sagte Reiter laut Mitteilung vom Freitag. "Sollte sich Valery Gergiev hier bis Montag nicht klar positioniert haben, kann er nicht länger Chefdirigent unserer Philharmoniker bleiben."
Auch andere Kulturinstitutionen wie die Mailänder Scala oder das Festspielhaus Baden-Baden forderten Valery Gergiev auf, sich von Putin loszusagen.