Quadro Nuevo: Abenteuer in sanften Wellen

Weltmusik - klingt ja oft etwas beliebig. Aber sie kann einen klareren Klang bekommen, wenn sie um ein Thema kreist - wie den antiken Weltumsegler und Überlebenskämpfer Odysseus.
Quadro Nuevo - die Formation um den Saxofonisten Mulo Francel - hat sich im Spätsommer unter dem "Projekttitel "Odyssee" auf ein Segelschiff begeben.
Eine intensive Zeit auf dem Schiff
"Wir wollten in die Geschichte hineinfahren. Voraussetzung war, dass man sich auf einen zweiwöchigen Trip und die ungewohnte Enge auf der Brigantine Florette einlässt", sagt Mulo Francel: "Und so hat sich eine ganz besondere Gefährten und Gefährtinnengruppe eingefunden" - einschließlich Fotografen und Freunden, die Bilder machten, Texte verfassten und eine Art Tagebuch auf Social Media gepostet haben.
"Wir Musiker aber haben uns auf die Musik konzentriert und an Bord Neues und Mitgebrachtes weiterentwickelt und geprobt."
Die Atmosphäre lieferte Inspiration
Den Pianisten Chris Gall zum Beispiel hat das rhythmische, kommandohaft Koordinierte beim Segelsetzen fasziniert - oder in den Schiffen der Truppe um Odysseus - beim Rudern: "And, Pull!" heißt der so entstandene Titel mit quirlendem Piano, zu dem ein treibender Rhythmus tritt, wohingegen melodisch das Ganze etwas an Duke Ellingtons "Caravan" erinnert - einer der wenigen sanft orientalischen Assoziationen, was überrascht.
Denn fragt man sich, was man musikalisch mit Odysseus und seinen Irrfahrten vor über 3000 Jahren verbindet, kommt man heute vielleicht auf Griechisch-Orientalisches und - geografisch vom Mittelmeer verbunden - noch auf arabische Einflüsse. Davon ist das Konzeptalbum aber überraschenderweise frei, das Akkordeon von Andreas Hinterseher weist etwas in volksmusikalische Richtung oder nach Frankreich.
Manche Dinge fehlen
Die Grundstimmung ist - wenn nicht sphärisch elegisch - meist spielerisch heiter - und so heißt auch das Schlussstück "Swinging Odyssee". Es fehlt das, was die Odyssee jedenfalls auch prägt: das Abenteuerliche, hart Überlebenskämpferische der Fahrt des vielgereisten Odysseus - mit erotischen Einsprengseln.
Die findet man bei "My Name is Circe" von Mulo Francel komponiert, die elegisch mit Saxofon und Akkordeon lockt, fast sphärisch. Dabei war sie zupackend, zauberisch und hat die Gefährten des Odysseus erst einmal in Schweine verwandelt und Odysseus ein Jahr lang an sich gebunden, bis er wieder aufbrach.
Denn eines der wichtigsten Grundmotive der homerschen Odyssee ist "Nostos" - Heimweh. Zuhause wartet das Inselkönigreich und die Frau Penelope, der "Waiting" gewidmet ist - ein schönes Saxofon-, Klavier- und Bassstück. Wild könnte es dagegen auf dem Meer zugehen - "Between the Waves" ist gleich das zweite Stück, aber das bleibt gechillt, wiegend wie am Strand von Ipanema.
Einige Klänge überraschen
Und "Poseidon's Revenge", das dritte, ist auch kein Rachetrip, sondern ein lässiges Schreiten, ohne Riffe und Klippen, obwohl die Reise durch die Äolischen Inseln ging mit Vulcano und Stromboli. Auch der von Odysseus überlistete und geblendete Zyklop bleibt musikalisch introvertiert statt felsenschleudernd.
Dazu passt, dass der Salzburger Perkussionist Robert Kainar "Lullaby for Ikarus" an Bord genommen hat. Ein Saxofon haucht schiffshorngleich eine sphärische Atmosphäre, Gitarre setzt ein. Ein wunderbares Wiegenlied - aber für Ikarus, einen pubertätsübermütigen Himmelsstürmer?
So ist "Odyssee - a Journey into the Light" von Quadro Nuevo ein wunderschönes, träumerisches, lässiges Album mit 14 Kompositionen geworden. Nur eines nicht: eine Odyssee - getrieben von Götterzorn und Abenteuer.
Quadro Nuevo: "Odyssee - A Journey into the Light" (GLM)