"Post Pop Depression“: So ist die neue CD von Iggy Pop
München - Überlebensgroß schwebt David Bowie über dem Album. Er ist ja seit seinem Tod vor zwei Monaten allgegenwärtig, die Musikwelt hat ihm verdientermaßen Reverenz um Reverenz erwiesen. Aber Iggy Pops neue CD „Post Pop Depression“ ist die erste Verbeugung, die nicht „Space Oddity“ oder „Ziggy Stardust“ aufwärmt, sondern neue Musik bietet.
Die Anspielungen auf Bowies Kunst sind so überdeutlich, dass man wohl annehmen darf: Iggy wusste schon bei der Aufnahme der Platte um den Gesundheitszustand seines Freundes.
Das Vibraphon bringt uns gleich die Bowie-Vibrations
Da sind zum Beispiel die ersten Takte von „American Valhalla“. Bei diesen chinesisch anmutenden Vibraphon-Akkorden muss Bowie doch eigentlich gleich ums Eck kommen und „China Girl“ singen, das Lied, das er mit Iggy Pop geschrieben hat. Auch der Frauenchor am Ende von „Sunday“ hätte Bowies Idee sein können. Die expliziteste Hommage heißt „German Days“, ein Lied über die Jahre, in denen Iggy mit seinem Freund Bowie in einer karg möblierten WG in Berlin-Schöneberg lebte und versuchte, irgendwie mit seiner Drogensucht zurechtzukommen. „Davids Freundschaft war das Licht meines Lebens“, schrieb Pop nach dessen Tod, und ähnlich liebevoll klingen seine musikalischen Verbeugungen.
Der zweite Mann, der das Album maßgeblich beeinflusste, ist Produzent Josh Homme. Der Sänger der „Queens of the Stone Age“ hat Iggy einen knochentrockenen, düsteren Sound auf den Leib geschneidert, mit einer kerzengerade rockenden Rhythm Section, mit kargen, klirrenden Gitarrenlinien. Und das führt zu einigen tollen Ergebnissen – vor allem, wenn Iggy Pop das macht, wofür er berühmt ist: das Tier im Manne rauslassen.
In der ersten, musikalisch starken Single „Gardenia“ bringt der 68-Jährige sein Begehren gleich mal zur Sprache. Er wolle nur eins, singt er da in der höchst eingängigen Refrainzeile: heute Nacht der schönen Gardenia sagen, was sie zu tun habe. Was das im Detail sein könnte, deutet er in einer nicht zitierfähigen Strophe an. Im Schlusssong und Höhepunkt „Paraguay“ holt er dann zur großen Publikumsbeschimpfung aus. Er habe die Schnauze voll von all dem Wissen, den ganzen nutzlosen Informationen, und: „von Dir!“.
Ja, er meint wohl uns Zuhörer. Wir sollen uns unser Laptops ins Maul stopfen, und hinten sollen dann all die sinnlosen Worte wieder rauskommen. Er wolle derweil lieber in Paraguay unter einem Baum leben. Huch, diese Kulturkritik kommt ja recht direkt daher.
Live kann man sich Iggys Zorn beim „Rockavaria“-Festival im Olympiapark anhören. Da ist er der Headliner am Samstag – und vielleicht ist’s ja eine der letzten Gelegenheiten, den nackten Oberkörper des 68-Jährigen zu sehen. „Rock’n’Roll ist in meinem Alter einfach gesundheitsschädlich“, sagte er kürzlich. „Falls ich diese Tour überlebe, werden Sie mich in den nächsten Jahren noch auf ein paar Festivals sehen. Aber mehr nicht.“
Falls der Rockavaria-Auftritt also sein letzter in München sein sollte, so kommt er jedenfalls mit einem der besten Alben, die er seit „The Idiot“ und „Lust for Life“ gemacht hat. Die nahm er beide 1977 in Berlin auf – mit einem Produzenten und Freund namens David Bowie.
Iggy Pop: „Post Pop Depression“ (Caroline).
Iggy Pop tritt am 28. Mai bei Rockavaria im Olympiapark auf,
Karten unter myticket.de und www.ticketmaster.de
- Themen:
- Olympiapark