Kritik

Philippe Herreweghe dirigiert Mozarts "Requiem"

Der Dirigent verwandelt die Schwächen von Süßmayrs Orchestrierung in Stärken
Robert Braunmüller
Robert Braunmüller
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Der Dirigent Philippe Herreweghe.
Michiel Hendrycks Der Dirigent Philippe Herreweghe.

Die meisten hören es ungern, aber das meiste an Mozarts "Requiem" stammt vom wackeren Franz Xaver Süßmayr. Der vervollständigte die wenigen nachgelassenen Seiten Partitur und die zum "Lacrymosa" reichenden Skizzen zu einem aufführbaren Werk. Zu seinen Zutaten gehören die fast durchgängig den Chor verdoppelnden Posaunen, die in vielen Aufführungen den Klang wie musikalisches Glutamat verdicken.

Dem Dirigenten Philippe Herreweghe gelang es, in der Isarphilharmonie mit dem Collegium Vocale Gent und dem Orchestre des Champs-Élysées die Schwäche in eine Stärke zu verwandeln. Die Musiker spielen historisch informiert auf Nachbauten alter Instrumente. Und die sind im Fall der Posaunen kleiner und im Klang knackiger wie die heute üblicherweise verwendeten Weiterentwicklungen.

Herreweghe versteht die Posaunen als archaisches Zitat, das die Musik verdüstern. Und dank der auf Trennschärfe angelegten Spielweise mischten sich die Posaunen auch nicht völlig mit dem Gesang, sondern blieben als eigenständiges Element hörbar. Der Chor trat nicht als Masse auf, sondern als mehrstimmige, sehr klar und beweglich singende, kammermusikalische Formation.

Auch die den Klarinetten verwandten Bassetthörner waren als eigene Farbe hörbar. Herreweghe arbeitete Steigerungen klar heraus, ersetzte Gefühliges durch Klarheit und betonte die Rückbindung des Werks an die barocke Tradition. Und das ist bei einem Werk, das in Introitus und Kyrie auf Händel-Themen zurückgreift, ein überzeugender Ansatz.

Die Haffner-Sinfonie vor der Pause enttäuschte. Die starke Besetzung der Bässe passte nicht wirklich zum vitalen Schwung der Musik, mehr als einmal verplätscherten die Schlüsse musikalischer Phrasen im ausdruckslosen Ungefähr. Erst im Finale, vom mehr präsidierenden wie dirigierenden Herreweghe als Komödien-Finale interpretiert, schien das Orchester auf seiner künstlerischen Betriebstemperatur angelangt. Aber solche Wiedersprüche gehörten schon immer zu diesem Dirigenten, der sich seit jeher im Plattenstudio wohler zu fühlen scheint wie vor Publikum im Konzertsaal.

Herreweghe führt am 21. und 22. Dezember mit dem Philharmonischen Chor und den Münchner Philharmonikern Beethovens "Missa Solemnis" in der Isarphilharmonie auf, Karten bei Münchenticket

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