Philharmoniker und Symphonieorchester: Planeten und Zaubernächte

Die Münchner Philharmoniker und das Symphonieorchester des BR spielen Konzerte an der Isar und im Herkulessaal.
von  Robert Braunmüller
Tugan Sokhiev und die Philharmoniker.
Tugan Sokhiev und die Philharmoniker. © Tobias Hase

München - Nur fünf Jahre trennen Richard Strauss' "Vier letzte Lieder" aus dem Jahr 1948 von Dmitri Schostakowitschs Symphonie Nr. 10, die wahrscheinlich 1953 entstand und im Dezember des gleichen Jahres in Leningrad uraufgeführt wurde.

Wie auch immer diese Symphonie zu verstehen ist - sie setzt sich mit Krieg und Gewaltherrschaft auseinander, und sei es nur atmosphärisch. Strauss tut das indirekt auch, indem er sich dieser Auseinandersetzung verweigert und ein allerletztes Mal die Romantik und ihre Zaubernächte beschwört.

Sopranistin hadert mit instrumentalen Anforderungen

Strauss gehört bei den Münchner Philharmoniker zur Tradition, Schostakowitsch mittlerweile auch. Das Orchester hüllte die Solistin Camilla Nylund in seidigen Luxus. Am Samstag wirkte die Stimme der Sopranistin belegt und wie hinter einem Schleier.

Insbesondere mit den instrumentalen Anforderungen der Partitur kam sie nicht gut zurecht. Das Solo-Horn sang ungleich schöner, und den von einem Violinsolo eingeleiteten Moment "Und die Seele unbewacht" im dritten Lied kennt man nicht, wenn man ihn nur von ihr gehört hat.

Daniel Harding bei einer Probe im Herkulessaal der Residenz.
Daniel Harding bei einer Probe im Herkulessaal der Residenz. © Astrid Ackermann/BR

Dirigent wusste mit dem Orchester umzugehen

Das kann passieren. Das Orchester präsentierte sich in allen Gruppen in bester Form, und Tugan Sokhiev, der Musikdirektor des Moskauer Bolschoi-Theaters, wusste damit sehr viel anzufangen. Einwände wären höchstens gegen die sehr freien Tempi in Felix Mendelssohn Bartholdys Hebriden-Ouvertüre vorzubringen. Bei Strauss steigerte sich die Schwelgerei nicht ins Manierierte. Der offene Schluss mit dem Lerchengesang wurde nicht als Requiem zelebriert, sondern eher als von Gefühligen freie Naturstimmung.

Auch bei Schostakowitsch entschied sich Sokhiev für eine Zurückhaltung, die den brutalen Exzess des Scherzos nach der bleiernen Trauer des ersten Satzes umso schärfer hervortreten ließ. Stärker als in anderen Aufführungen wurde deutlich, dass im allzu lustigen Finale ein drohendes "Dies irae" auftaucht, das bereits durch den zweiten Satz geistert.

BR-Symphonieorchester spielt "Die Planeten" im Herkulessaal

Musikhistorische Nähe demonstrierte auch das Programm des BR-Symphonieorchesters am Donnerstag und Freitag im Herkulessaal. Es brachte die traditionalistische Moderne von Gustav Holsts Suite "Die Planeten" mit Igor Strawinskys etwa gleichzeitig entstandener, ungleich experimentellerer Ballettmusik "Petruschka" zusammen.

Beides sind groß besetzte Werke, die den Saal an seine Grenzen bringen. Daniel Harding schaffte es beim "Mars"-Satz stumpfen Krach so weit als irgend möglich zu vermeiden. Auch wenn der quecksilbrige "Merkur" etwas mehr Trennschärfe aus dem Orchester vertragen hätte und das Zusammenspiel mit dem im Foyer platzierten Frauenchor nicht schlackenlos glückte, gelang dem Dirigenten dank einer souveränen Klangregie eine runde Aufführung.

Das setzte sich bei "Petruschka" fort - einem heiklen Stück, das in schwächeren Aufführungen in lauter addierte Einzelmomente zerfällt. Ähnlich wie die Münchner Philharmoniker bei Schostakowitsch führte das BR-Symphonieorchester hier seine Erstklassigkeit als Kollektiv wie in den Soli vor.

Herkulessaal ohne Abo nur wenig besucht

Das Orchester der Stadt hat mit der Isarphilharmonie derzeit einen Standortvorteil: Konzerte im Herkulessaal werden ohne Abo eher schwach besucht. In einem Monat kehrt Harding mit der "Alpensinfonie" von Richard Strauss zurück - diesmal aber im Gasteig-Interim. Und wenn's so wird, wie der manchmal in seiner Form etwas schwankende Dirigent Holst und Strawinsky interpretierte, sollte man sich schleunigst Karten besorgen.

Harding dirigiert am 24. und 25. März das BR-Symphonieorchester in der Isarphilharmonie, Karten unter Telefon 0800 5900 594

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