Genie oder Durchschnitt? Klaus Mäkela in München

Spektakuläre Karrieren gab es im Musikbetrieb schon immer. Was der finnische Dirigent Klaus Mäkelä aber in den letzten Jahren an Spitzenämtern angehäuft hat, grenzt ans Wunderbare: Der jetzige Chef der Osloer Philharmoniker und des Orchestre de Paris wird 2027 das Royal Concertgebouworchestra Amsterdam und das Chicago Symphony Orchestra übernehmen.
Er ist dann Anfang dreißig Jahre alt. Sehr viel höher geht es danach nicht mehr. Mäkelä ist all dies zu gönnen. Der Schüler des renommierten Jorma Panula, ist zweifellos begabt, hat schnell viel Erfahrung erwerben können und ist dazu noch ein Violoncello-Solist von Konzertreife. Geht man aber nach seinen hiesigen Gastspielen, überrascht ein derart kometenhafter Anstieg dann doch.
Schönbergs Expressionismus liegt ihm
Wäre da nicht irgendetwas Phänomenales zu erwarten? Beim Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks etwa hat er Gutes, aber nicht Überdurchschnittliches abgeliefert. Was sieht man in Amsterdam und Chicago, was er hier bislang noch nicht zeigen konnte?
Das aktuelle Programm, das Klaus Mäkelä bei den Münchner Philharmonikern dirigiert, liegt ihm sichtlich. Die Orchesterfassung der ursprünglich für Streichsextett komponierten "Verklärten Nacht" von Arnold Schönberg entwickelt er organisch, die allgegenwärtigen Stimmungsumschwünge dieser instrumentalen Paraphrase des spätexpressionistischen Gedichtes von Richard Dehmel fügen sich nahtlos zusammen, mit den üppig besetzten Streichern stellt er einen dichten Kontakt her. Denkt man an das hohe Pathos der literarischen Vorlage, könnte man sich aber auch mehr an unbedingtem Ausdruckswillen vorstellen.
Eine Abfolge von Mini-Konzerten
In der "Alpensinfonie" von Richard Strauss beeindruckt, mit welcher Energie Mäkelä die melodisch und harmonisch weitgespannten Abschnitte erfüllt, ohne je die stets spannungsvoll zurückgehaltenen Tempi aufgeben zu müssen. Auch ist es ihm gegeben, die Münchner Philharmoniker zu animieren, deren Solisten unermüdlich gleichsam zu immer neuen Minikonzerten von Oboe, Trompete und Horn ansetzen. Die unzähligen Finessen der meisterhaften Partitur hat jedoch Vladimir Jurowski mit dem Bayerischen Staatsorchester vor einiger Zeit ungleich plastischer herausgestellt, und das unter Freiluftbedingungen, ohne die analytische Akustik der Isarphilharmonie nutzen zu können.
Unter dem Strich gelingt Klaus Mäkelä viel, aber auch wiederum nicht alles. So bleibt bis auf Weiteres der Eindruck bestehen, dass im internationalen Musikbetrieb, gelinde gesagt, mitunter überraschende Entscheidungen getroffen werden.
Noch einmal am heutigen Samstag um 19 Uhr