Parov Stelar: "Hüte dich vor dem Ankommen"
Mit der Platte "The Art of Sampling" befindet sich der Österreicher Marcus Füreder alias Parov Stelar auf musikalischer Spurensuche. Auf insgesamt zehn Jahre der eigenen Musikgeschichte blickt der Linzer dabei zurück. Über seinen Werdegang und das am 4. Oktober erscheinende Album spricht Parov Stelar im Interview mit spot on news.
Der österreichische Musikproduzent und DJ Parov Stelar (38) gilt als einer der Vorreiter des Electro-Swing. Am 4. Oktober erscheint das neue Album "The Art of Sampling" des gebürtigen Linzers, der mit bürgerlichem Namen Marcus Füreder heißt. Darauf widmet er sich den letzten zehn Jahren der eigenen Musikgeschichte. Warum es aber dennoch kein Best-of-Album darstellt und wieso er eigentlich gar nicht so froh darüber ist, als Electro-Swing-Ikone zu gelten, erzählt er der Nachrichtenagentur spot on news.
Herr Füreder, Ihre neue Platte "The Art of Sampling" ist das dritte Album in den letzten zwei Jahren. Befinden Sie sich gerade in Ihrer produktivsten Phase?
Marcus Füreder: Nun ja, ich arbeite eigentlich immer, bin also auch stets produktiv. Aber es stimmt schon, mein Output war in den letzten Jahren was CDs angeht nicht schlecht. Produktiver als sonst würde ich die Zeit aber dennoch nicht bezeichnen.
Hatten Sie dagegen schon einmal eine echte Schreibblockade?
Füreder: Ja, die gibt es leider immer! Aber man kann auch etwas Positives daraus gewinnen. Solche Pausen können gut tun, weil man in so einer Phase sich und seine Arbeit hinterfragt. Das hilft einem, besser zu werden. Man geht gestärkt daraus hervor.
In "The Art of Sampling" widmen Sie sich grob zehn Jahre der eigenen Musikgeschichte. Ihre persönliche Spurensuche?
Füreder: Ganz genau. Deswegen korrigiere ich auch immer, wenn es jemand als Best-of-Album bezeichnet. Ein Best-of besteht ja aus den großen Hits, die ich in der Form auch gar nicht hatte, nur ein paar kleine Underground-Erfolge. Aber auch das wäre mir schlichtweg zu platt. Es ist eben genau die Spurensuche, die Sie erwähnt haben. Eine Retrospektive die zeigt, was in den letzten zehn Jahren alles passiert ist. Gleichzeitig interpretiere ich darauf meine alten Stücke neu, passe sie an das Hier und Jetzt an.
Mit Ihrem Namen wird zumeist auch der Begriff Electro-Swing genannt. Das ist Ihnen gar nicht so recht oder?
Füreder: Also der Begriff an sich stört mich nicht wirklich, aber ich mache einfach viel mehr als Electro-Swing und möchte nicht nur auf diesen Bereich reduziert werden. Da gibt es so viel mehr, was auf meinen Alben stattfindet. Zum anderen wissen wir ja auch alle: Jeder Hype findet irgendwann sein Ende. Ich möchte nicht so lange auf dieser Electro-Swing-Welle reiten, bis es nicht mehr geht. Mir ist einfach nur wichtig, dass dieses Gesamtwerk Gehör findet - ein weiterer Grund für die Compilation "The Art of Sampling".
Dennoch gelten Sie als Pionier dieser Musikrichtung. Wie schwer ist es denn heutzutage eigentlich noch Pionierarbeit in der Musikbranche zu leisten?
Füreder: Ich denke, das ist nicht schwieriger als vor 20 oder 30 Jahren. Es ist immer so, wenn etwas Neues entsteht, dann entsteht es nie durch irgendeine Absicht oder durch einen Plan. Die wirklich großen Dinge sind stets durch Zufall, durch einen Zeitgeist entstanden. Als ich begonnen habe, diese Musikrichtung einzuschlagen, habe ich nicht bewusst gesagt: "Ich vermische jetzt Electro und Swing und mache das zu meinen neuen Genre."
Wie ist es dann abgelaufen?
Füreder: Nun ja, es ist irgendwie einfach da gewesen und ich habe den Weg dann einfach konsequent verfolgt. Ich war natürlich auch nicht der Erste, der einen Swing-Sample mit Electronic vermischt hat, ich war nur derjenige, der es öfter als für einen Track gemacht und es verfeinert hat. Es ist genau das Gleiche wie beim Jazz oder bei Techno gewesen. Irgendwann fängt jemand damit an und plötzlich gewinnt es an Breite. Es dauert aber meistens viel länger als man denkt. Wenn eine Musikrichtung an die Oberfläche stößt, wächst sie meist schon seit zehn Jahren im Untergrund.
Vor allem in Griechenland, aber auch in Mexiko und Osteuropa sind Sie sehr erfolgreich. Können Sie dort überhaupt noch auf die Straße gehen?
Füreder: Also ganz so schlimm ist es zum Glück nicht (lacht). Es gibt schon Länder wo es schwieriger wird, Griechenland ist da das beste Beispiel. Aber wir haben in Europa Gott sei Dank eine andere Paparazzi-Kultur als in den USA. Ich bin keine Rihanna, die man aus jedem Boulevard-Magazin kennt. Ich hoffe auch, dass es nie so sein wird, weil dann ist die Lebensqualität bei null angelangt.
Aber schon erstaunlich, wie die Karriere in manchen Ländern eine Eigendynamik entwickeln kann?
Füreder: Ich glaube, meine Musik ist gar nicht so länderspezifisch, sie hat einfach nur in gewissen Ländern ihren Ursprung, weshalb es dort dann auch schneller geht. Ich muss aber auch feststellen, dass diese Länder aktuell Platz für andere Nationen machen. In Deutschland, England und den USA findet die Musikrichtung, in der ich mich bewege, immer größeren Anklang. Es vollzieht sich also ein gewisser Wechsel, oder anders gesagt: eine bessere Balance.
Hinkt in der Hinsicht Ihr Heimatland Österreich noch hinterher?
Füreder: Es wird besser. Ich muss auch dazu sagen, es hat nie an unseren Fans gelegen. In Österreich liegt es eher an der Medienlandschaft. Bis auf den Radiosender FM4, der weiterhin hinter uns steht, haben wir von den größeren, mainstreamigeren Sendern nie Unterstützung bekommen, das fängt jetzt erst so langsam an. Auch mit den anderen Medien ist es so gewesen, die haben diese Musikbewegung nie wirklich aufgegriffen, warum auch immer. Vielleicht war es zu fremd, zu exotisch.
Ihre Musik ist eine Vermischung aus Altem und Neuem - verhält es sich mit Ihrem Publikum ähnlich?
Füreder: Ja, eigentlich schon. Das ist auch eine Sache, auf die wir doch recht stolz sind. Wir sind damit weder von Teenies, noch von irgendeiner anderen Altersgruppe so wahnsinnig abhängig. Die wachsen dann irgendwann raus und du stehst alleine da, weil sie vielleicht lieber anfangen, harten Metal oder so zu hören. Es ist sehr bunt gemischt. Natürlich haben wir einen Schwerpunkt bei der Altersgruppe, aber es ist keine Seltenheit, dass Menschen im höheren Semester unsere Konzerte besuchen.
Sehen Sie sich inzwischen am Höhepunkt Ihrer Karriere angelangt?
Füreder: Mein Vater hat immer zu mir gesagt: "Hüte dich vor dem Ankommen". Das werde ich beherzigen. Ich möchte nicht sagen, dass ich an meinem Höhepunkt bin, weil dann spreche ich etwas aus, dass ich nicht gut finden würde. Ein Baum hört auch nicht auf zu wachsen, außer kurz bevor er sagt: "Ich verlasse diese Erde" (lacht). Ich möchte schon noch ein wenig länger hier sein und solange ich da bin, werde ich Musik machen. Den Höhepunkt kann man selbst nie so ganz steuern, zumal es immer darauf ankommt, was man selbst als Höhepunkt empfindet. Ich kann nur sagen, dass ich viel mehr erreicht habe, als ich mir je erträumt hätte. Damit bin ich wirklich wahnsinnig glücklich.
Wenn Sie sich einen Künstler aussuchen könnten, mit dem Sie gerne live auftreten würden, wer wäre das?
Füreder: Ich fürchte die sind alle schon gestorben.
Wer wäre es denn gewesen?
Füreder: Für mich war das eigentlich immer Amy Winehouse, weil ich sie sehr geschätzt habe als Künstlerin. Oder ein gemeinsames DJ-Set mit Fatboy Slim!