OK Kid: Vom Aufwachsen in der Bedeutungslosigkeit
Hat sich der deutsche HipHop auf der Suche nach den deutschen Ghettos verabschiedet? Nein: Cro, der Mann mit der Pandamaske, hat es mit PopHop in die Charts geschafft. Textor, ehemals Kopf von Kinderzimmer Productions, arbeitet an der Verbindung von Lyrik-Slam, Revuesong und Provinzerinnerungen. Und OK Kid haben ihr Debüt veröffentlicht.
Jonas Schubert, Moritz Rech und Raffael Kühle versuchten es in größerer Besetzung schon mit Jona:S, sind jetzt unter neuem Bandnamen zum Trio geschrumpft. OK Kid – der Bandname ist Referenz an zwei Radiohead-Alben: „OK Computer“ und „Kid A“. Man hat Rocko Schamonis „Sternstunden der Bedeutungslosigkeit“ gelesen und sich vom Romanhelden zum Text von „Kaffee warm“ inspirieren lassen.
Da stakt ein Ich-Erzähler mit stachelig digitalen Sounds durch den Beziehungssumpf und hat „dieses kopfzerfickende Gefühl“. Diese Drei kommen aus Gießen, und wie bei Textor, der in der HipHop-Diaspora Ulms aufwuchs, ist plötzlich der uncoole Erinnerungskram eines Aufwachens in der Bedeutungslosigkeit das, was diese Lyrikmaschinen ehrlicher macht als der coole Fake.
„Allein, zu zweit, zu dritt“ – gitarrenelektrorockend mit Schlagzeug duscht man sich im Novemberrain, schmeißt seine Nikes weg und trägt wieder Jesuslatschen. Heftig wuchtet ein Pianobassriff bei „Verschwende mich“, und bei all dem manchmal übersteigerten Hang zur Wortspielfinesse fällt ein Bild ab wie „Für dich tanz ich auf Knien“.
Mit dem Gast Olli Banjo geht es in „Heile Welt“ offensiv in Richtung Pop. Eine sakral kirchenhallende Gesangsspur im Hintergrund von „Wenn der Tag abreist“. Und „der Blick streift langsam über Häuserfassaden“. Man hört Hudson Mohawke und Rio Reiser auf dem ipod. Ist das nicht zuviel Endzeitluxus? Ach was – wenn Gefühle über die Stränge schlagen, ist wenigstens Leben in der Bude.
OK Kid: „Ok Kid“ (Four Music/Sony)