Neues Album von Robbie Williams: "XXV" – alles oder nichts

Am Samstag tritt Robbie Williams in München auf, Anfang September erscheint sein neues Album "XXV".
Dagmar Leischow |
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Live gibt er alles: Robbie Williams, hier bei einem Auftritt vor drei Jahren beim Musikfestival im dänischen Skanderborg.
Live gibt er alles: Robbie Williams, hier bei einem Auftritt vor drei Jahren beim Musikfestival im dänischen Skanderborg. © imago images/Gonzales Photo

Er ist ganz offensichtlich ein Langschläfer. Als sein Konterfei beim Video-Interview am Nachmittag auf dem Bildschirm erscheint, lümmelt sich der Sänger tatsächlich noch im Bett. Mit leicht zerzausten Haaren und freiem Oberkörper. Man sieht seine zahlreichen Tattoos.

Robbie Williams' neues Album "XXV" erscheint am 9. September

Immerhin: Von der Taille abwärts hält sich Robbie Williams bedeckt, mit einer weißen Bettdecke. Unwohl scheint er sich in dieser Situation nicht zu fühlen. Im Gegenteil. Er redet vollkommen entspannt über sich und sein Album "XXV", das am 9. September erscheint. Mit diesem Werk feiert er seine 25-jährige Solokarriere. Dafür hat er Klassiker wie "No Regrets", "Come Undone" oder "Strong" neu aufgenommen - mit dem niederländischen Metropole Orkest.

Das Ergebnis ist erwartbar - klassischer Charme, opulente Arrangements. Die Musik haben der Dirigent Jules Buckley, der Komponist Steve Sidwell und Robbies Hitschreiber Guy Chambers überarbeitet. Bei "Angels", der kommerziell erfolgreichsten Robbie-Williams-Single aller Zeiten, schwellen erst die Streicher an, später stößt die Bläsersektion dazu.

Künstliche Intelligenz beim Albumschreiben? "Warum nicht?"

Von diesem Stück gibt es sogar noch eine zweite Version, zumindest auf der Deluxe Edition. Dabei kam jene Künstliche Intelligenz ins Spiel, mit der 2021 Beethovens 10. Sinfonie vollendet wurde. Die Initialzündung für dieses Projekt, erzählt der Musiker, sei von außen gekommen, von Europas größtem Telekommunikationsunternehmen. Für Robbie Williams war diese Erfahrung auf jeden Fall interessant. Gut möglich, dass er beim Songschreiben irgendwann wieder auf Künstliche Intelligenz setzen wird: "Wenn sie mir meine Arbeit erleichtert - warum nicht?"

Das ist aber noch Zukunftsmusik. Derzeit beschäftigt sich der vierfache Familienvater lieber mit seinem Künstlerjubiläum. Fragt man ihn nach seinem persönlichen Lieblingssong, dann kommt die Antwort wie aus der Pistole geschossen: "'Feel'. Ich bin wirklich stolz auf die Melodie und den Text." Deswegen freut sich Robbie Williams über die Popularität des Videos bei YouTube: "Es hat von all meinen Titeln die meisten Klicks bekommen, mehr als 'Angels'."

Neue Single "Lost": Eines dieser altmodischen Robbie-Stücke

Kein Wunder: Zeilen wie "Scare myself to death / that's why I keep on running" sind noch immer zutiefst bewegend. Wenn man danach die neue Nummer "Lost" hört, bleibt der erste Satz "I wake up, terrifying myself again" direkt im Gedächtnis haften. Er scheint eine Fortsetzung von "Feel" einzuleiten.

Diese These gefällt dem 48-Jährigen, er strahlt. Auf ihn, gesteht er, wirke "Lost" wie eines dieser altmodischen Robbie-Williams-Stücke. Als der junge Musiker Oli Swan, den der Superstar via Instagram entdeckte, ihm die "Lost"-Akkorde schickte, holte die emotionale Atmosphäre Robbie Williams sofort ab: "Da kamen automatisch die traurigsten Momente hoch."

Tatsache ist: Dieser Künstler weiß nur zu gut, was es bedeutet, aus dem seelischen Gleichgewicht zu geraten. Erkundigt man sich, ob es in den vergangenen 25 Jahren viele Augenblicke gegeben habe, in denen Robbie Williams sich selber erschreckt habe, fällt seine Replik entwaffnend ehrlich aus: "Das war die meiste Zeit so. Ich habe nämlich einen sehr geschäftigen Geist, der mich leicht überwältigt. Oft grübele ich: Wie soll ich mit dem umgehen, was gerade in meinem Kopf passiert?"

Robbie Williams und die Drogen

Wenn ihn solche Gedanken zu überwältigen drohten, betäubte er sich früher mit Alkohol und Drogen: "Als ich total verloren war, habe ich mich selbst medikamentiert." Funktioniert hat das logischerweise nicht, Robbie Williams glitt in eine Abhängigkeit ab. Doch jetzt ist er abstinent, seit mehr als 20 Jahren. Seine Familie erdet ihn. Die Verantwortung, die er für seine Frau Ayda Field und seine vier Kinder hat.

Das heißt allerdings nicht, dass seine persönlichen Probleme nun vom Tisch wären. Ende Juli hielt Robbie Williams bei der "Night of Discovery"-Gala in St. Tropez eine Rede. Er bekannte sich zu seinen Depressionen, zu seinen Zwangsstörungen, zu seiner Legasthenie, zu seiner Neigung, sich zu isolieren. Er soll sich als Süchtiger geoutet haben, als Alkoholiker. Das dürfte Mut erfordert haben. Hat Robbie Williams seine Angst - auf Fotos von diesem Abend steht ihm seine Nervosität förmlich ins Gesicht geschrieben - überwunden, um sich für psychisch Kranke stark zu machen? Im Gespräch spielt er seinen Einsatz recht bescheiden herunter: "Ich habe einfach den Drang, das auszusprechen, was ich denke. Wenn das den Leuten hilft - großartig!"

Ruhm ist nicht der Schlüssel zum Glück

Auf jeden Fall hat Robbie Williams mittlerweile begriffen, dass Erfolg, Geld und ein hoher Bekanntheitsgrad nicht automatisch der Schlüssel zum Glück sind. "Diesbezüglich haben die meisten Menschen falsche Vorstellungen, befeuert von ihrer Naivität", erläutert er. "Ich war früher auch naiv." Bis er Anfang der Neunzigerjahre mit Take That in den Pophimmel katapultiert wurde, damals noch als Teenager.

Robbie Williams bei einem Auftritt mit Orchester.
Robbie Williams bei einem Auftritt mit Orchester. © IMAGO/Shutterstock

Zunächst sei alles faszinierend gewesen, erinnert er sich: "Doch irgendwann kommt man an einen Punkt, wo das Ganze nicht mehr so wunderbar ist. Ich glaube, extremen Ruhm übersteht keiner unbeschadet." Dennoch möchte sich Robbie Williams nicht in die Riege der jammernden Popstars einreihen: "Ich hatte sehr viel Glück und liebe meinen Job." Schließlich heimste er 18 Brit Awards ein, mehr als jeder andere britische Künstler. Er bekam 2006 sogar einen Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde, weil er an einem einzigen Tag 1,6 Millionen Tickets für seine "Close Encounters"-Welttournee verkaufte.

90.000 Zuschauer sehen Robbie Williams live in München

Sein nächster großer Auftritt steht nun in München auf der Messefreifläche an, wo zuletzt Andreas Gabalier und Helene Fischer sangen. Erwartet werden rund 90.000 Zuschauer. Wie bereitet er sich darauf vor? Er sei nicht der Disziplinierteste, räumt Williams ein: "Bei mir gilt: alles oder nichts. Im Moment achte ich aber nicht so richtig auf mich." Eigentlich müsse er mehr Workout machen, doch er tue es nicht: "Es ist, wie es ist."

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Sorgen brauchen sich seine Fans deshalb nicht, Robbie Williams gibt auf der Bühne stets hundert Prozent. Er sei sich seiner Verantwortung durchaus bewusst, sagt er: "Ich muss die Menschen unterhalten und ihnen ein gutes Gefühl geben. Meine Aufgabe ist es, die Energie von Zehntausenden zu dirigieren. Diese Verpflichtung nehme ich sehr ernst - egal, wie es mir gerade geht."

Alles andere wäre auch unklug. Denn die jüngere Musikergeneration rückt unaufhörlich nach, angeführt von Harry Styles. Er ist mittlerweile gigantisch erfolgreich. Mit ihm könne man nicht konkurrieren, gibt Robbie Williams ohne Umschweife zu: "Für Harry läuft es bestens. Er hat Charisma, er sieht gut aus, seine Songs sind toll." Hat der Brite einen Flashback, wenn er seinen Landsmann sieht? "Nein. Harry erinnert mich nicht an die Zeit zurück, in der ich als junger Künstler durchgestartet bin. Ich achte ihn eher als großartigen Performer."

Robbie Williams tanzte bei Take That auch aus der Reihe

Seine Zeit bei One Direction hat dazu wohl ihren Teil beigetragen. In einer Boygroup lernt man bekanntlich, sich passgenau zu bewegen. Robbie Williams indes tanzte bei Take That durchaus mal aus der Reihe. Schlagzeilen machte er vor allem mit seinem ausschweifenden Partyleben, es führte 1995 zum Bruch. Doch das ist Schnee von gestern. 2010 kehrte Robbie Williams bekanntlich zu seiner alten Band zurück. Ein weiteres gemeinsames Projekt hält er nicht für ausgeschlossen. Allerdings, stellt er klar, sei derzeit nichts Konkretes geplant.

Robbie Williams im Video zu seinem Song "Party like a Russian". Ob er den weiter im Repertoire hat?
Robbie Williams im Video zu seinem Song "Party like a Russian". Ob er den weiter im Repertoire hat? © Sony

Dafür hat Robbie Williams etwas Neues für sich entdeckt: das Auflegen. Unter anderem war er in einem Club auf Ibiza als DJ unterwegs. Das habe Spaß gebracht, resümiert er: "Wenn ich in einen Club gehe, möchte ich die Situation unter Kontrolle haben und nicht von hundert Leuten fotografiert werden." Das kann man irgendwie verstehen. Wahrscheinlich findet Robbie Williams auf dem Golfplatz mehr Ruhe. "Ich liebe Golf", sagt er. "Trotzdem pausiere ich im Moment." Es wurmt ihn nämlich, dass er auf dem Rasen seine eigenen Erwartungen nicht mal annähernd erfüllen kann: "Wenn man bedenkt, wie viel Zeit ich schon in diesen Sport investiert habe, bin ich einer der schlechtesten Golfer auf diesem Planeten." Vielleicht stellt er lediglich zu hohe Ansprüche an sich selbst. Er gehört halt zu der Sorte Mensch, die sich niemals mit dem Mittelmaß zufriedengibt: "Dass ich bei irgendeiner Sache nicht so gut bin, wie ich es gern wäre, ist für mich nicht akzeptabel. Ich hasse das."

Robbie Williams wird bald 50: "Was bedeutet dieser Geburtstag?"

Augenscheinlich geht er die Dinge mit zunehmendem Alter nicht gerade gelassener an. Obwohl er in zwei Jahren 50 wird. "Was bedeutet dieser Geburtstag? Diese Zahl?", überlegt er. "Ich habe keine Ahnung." Mit Gewissheit sagen kann er nur eins: Er wird keinesfalls kürzertreten: "Ich bin immer noch ehrgeizig. Ich will Relevanz haben." Nach Möglichkeit weltweit. Also gibt Robbie Williams gar nicht erst vor, Chart-Position seien ihm gleichgültig. Mit "XXV" will er auf Platz eins stehen, unbedingt: "Für mich ist es lebenswichtig, dass meine Platte gut läuft".


Robbie Williams: "XXV" erscheint als CD, auf Vinyl und digital am 9. September (Sony). Am Samstag tritt der Künstler um 20 Uhr auf der Sonderfreifläche Messe München auf.

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