Neuer Konzertsaal: zu kurz gesprungen

Die Machbarkeitsstudie zum Konzertsaal am Deutschen Museum geht von unrealistischen Vorstellungen aus
Robert Braunmüller |
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Die Machbarkeitsstudie zum Konzertsaal am Deutschen Museum geht von unrealistischen Vorstellungen aus.

Gestern platzte die von Kunstminister Wolfgang Heubisch und dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks gehegte Vision einer Isar-Philharmonie auf der Museumsinsel noch nicht. Eine Machbarkeitsstudie stellte mögliche Lösungen vor, doch die Vertreter des Deutschen Museums wollen keinen Konzertsaal vor ihrer Haustüre. Deshalb möchte die Staatsregierung weitere Standorte prüfen – bis das Projekt abschließend beerdigt werden kann.

Eigentlich schien der Um- oder Neubau des Kongresssaals eine gute Idee zu sein. Ältere Konzertbesucher verbinden viele gute Erinnerungen. Doch bei näherem Hinsehen beweist die Machbarkeitsstudie, dass ein neuer Saal nur mit Ach und Krach hinpassen würde, weil sich die Anforderungen mittlerweile gewandelt haben.

Öffentlich ist bisher nur eine Kurzfassung der vom Düsseldorfer Büro HHP Architekten erstellten Studie. Und deshalb sind viele Fragen offen, wie etwa die einer wegen der Isarnähe heiklen und teuren Tiefgarage. Nur die „Neubaulösung“ sieht 300 Parkplätze vor. Für die nur 800 Besucher des neuen Festspielhauses hat man im Tiroler Dorf Erl ein Parkhaus für 450 Autos gebaut. Die Isarphilharmonie soll aber 1800 Besucher fassen.

Tagsüber soll die Garage vom Museum mitbenutzt werden

Ziemlich naiv ist auch die Vorstellung, dass die Garage tagsüber vom Museum mitbenutzt werden könnte. Die Autoren haben vergessen, dass Musiker auch vormittags proben. Und das Deutsche Museum wird nicht für ewig täglich um 17 Uhr in Tiefschlaf sinken – solche Öffnungszeiten sind längst nicht mehr zeitgemäß.

In der Neubau- wie der Bestandsvariante wurden früher vorgesehene Räume für den Chor und das zweite Orchester des Senders, das Münchner Rundfunkorchester, weggelassen. An Nebenräumen gibt es nur ein Foyer-Café und ein paar Stimmzimmer. Jean Nouvels Luzerner Neubau, auf den die Machbarkeitsstudie mit einem schiffsförmigen Inneren anspielt, ist nicht nur ein hochspezialisierter Konzertsaal, sondern auch Kongresszentrum: Die notwendigen Nebenräume und gastronomischen Einrichtungen haben die Autoren der Studie ebenso vergessen wie den Ort für Einführungsveranstaltungen und Jugendprojekte, den ein modernes Orchester heute braucht – von einer Kantine ganz zu schweigen.

Gastierende Orchester würden in dieser Isarphilharmonie so stiefmütterlich behandelt wie heute im Gasteig. Und das Hauptproblem der Insel, den von der Ludwigsbrücke viel zu weit entfernten Museumseingang, geht die Studie gar nicht erst an.

Die schönste Schnittmenge zwischen dem Deutschen Museum und Konzertsaal ist den Architekten auch entgangen: die Musikinstrumentensammlung. Für sie wäre in keiner Variante Platz, weil überall Raumnot herrscht. Und so scheint es, als habe die Machbarkeitsstudie in Wahrheit bewiesen, dass ein Konzertsaal auf der Museumsinsel zwar machbar, aber nicht sinnvoll ist.

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