Näher am Publikum als alle anderen Orchester
Kevin John Edusei wird im nächsten Jahr Chef der Münchner Symphoniker. Heute dirigiert er im Prinzregententheater
Im Oktober 2014 beginnt eine neue Ära bei den Münchner Symphonikern: Der 37-jährige Kevin John Edusei wird mit Beginn der nächsten Spielzeit neuer Chefdirigent. Heute dirigiert er zum ersten Mal seit seiner Ernennung sein künftiges Orchester. Auf dem Programm des Konzerts im Prinzregententheater: Tschaikowskys Klavierkonzert Nr. 1 mit Lilya Zilberstein und Beethovens Fünfte.
AZ: Herr Edusei, mit Beethovens Fünfter anzufangen – ist das nicht ein wenig gewagt?
KEVIN JOHN EDUSEI: Stücke, die jeder kennt, sind zugleich leicht und immens schwierig. Wenn man tiefer gräbt, tut sich ein Abgrund auf. Und da hinunterzusteigen, das braucht Zeit. Aber die Fünfte und das Tschaikowsky-Konzert sind hervorragend dafür geeignet, das Orchester kennenzulernen und richtungsweisende Entscheidung zu treffen.
Das Programm des Konzerts ist für die Symphoniker typisch – sie spielen vor allem Knüller.
Ich halte es für wichtig, das Orchester vom Programm her breiter aufzufächern. Vor einigen Jahren wurde die Entscheidung gefällt, das klassische und romantische Repertoire zu pflegen. Das war richtig. Aber ich finde, es ist an der Zeit, nun weiterzudenken und die Klangästhetik so zu verändern, dass daraus etwas Besonderes wird. Da steht uns eine Menge Arbeit bevor.
Sie machen viel Neue Musik.
Das ist nichts Besonderes. Ich lebe heute, lese aktuelle Bücher und schaue mir Kunst der Gegenwart an – weil ich wissen will, wie die Zeitgenossen ticken. Aber ich war auch sieben Jahre Opernkapellmeister in Bielefeld und Augsburg, wo ich viel Mozart, Beethoven oder Gluck dirigiert habe.
Diese Vielseitigkeit ist für Ihre Generation typisch.
Ich habe 2007 beim Lucerne Festival einen Dirigentenwettbewerb gewonnen und mit den beiden anderen Preisträgern Karlheinz Stockhausens „Gruppen" dirigiert. Bei diesem Stück braucht man drei Dirigenten: Einer von ihnen war Pablo Heras-Casado, der eben zwei Schubert-Sinfonien mit dem Freiburger Barockorchester herausgebracht hat. Auch er wechselt zwischen den Stilen. Und junge Orchestermusiker sind ähnlich vielseitig: Sie spielen moderne Geige im Orchester und haben zu Hause eine Barockvioline.
Die Abonnenten der Symphoniker gelten als konservativ – wie gehen Sie damit um?
Ich will niemanden vergraulen. Es ist auch nicht meine Aufgabe, das Publikum zu erziehen. Wir müssen uns öffnen, ansprechbar werden und mit den Konzertbesuchern in Kontakt treten. Die Symphoniker sind ein privat finanziertes Orchester – für uns ist es ein größeres Wagnis, unbekannte Werke zu spielen, als beim Bayerischen Rundfunk oder den Münchner Philharmonikern.
Prinzregententheater, heute, Dienstag, 20 Uhr, und 24. 11., 15.30 Uhr