Nach der letzten Note ein Gläschen Wein
Der kleine André Léon Marie Nicolas hasste die Klavierlehrerin. Er hasste das Klavier. Er hasste die dunkle, muffige Kammer unter dem Dach des uralten Schlosses, wo er Unterricht hatte. Heute lebt er in genau diesem verhassten Schloss, dessen ältester Teil von 1452 ist. Und nichts erinnert mehr an die Zeit, als André Rieu (64) ein viereinhalb Jahre alter Bub war, der lieber Geige als Klavier spielen wollte.
Nur wenige Minuten von seinem Maastrichter Studio liegt das Schloss entfernt. Am Mittag fährt Rieu nach Hause, isst mit seiner Frau und legt sich auf sein rotes Ledersofa zum Schlafen. Neben der Musik ist das Schloss sein Herzensprojekt. „Hätte ich nicht so früh das Geige spielen gelernt, ich wäre Architekt geworden.“ Den großen Wintergarten mit den Palmen hat er selbst entworfen, momentan lässt er einen Klostergarten anlegen.
„Für mich war das Geigespielen so normal, ich habe die anderen Kinder im Kindergarten gefragt, was sie für eine Geige haben.“ Schon sein Vater, der Chefdirigent der Leipziger Oper war, spielte als Zugabe Strauß-Walzer.
Bei André Rieu und seinem 50- köpfigen Johann-Strauß-Orchester ist der Name Programm, und doch versucht Rieu das Klischee immer wieder zu brechen. „Ich mag es, dass ich der Walzerkönig bin, aber es beschränkt mich auch. Wir spielen so viel mehr und reagieren auf aktuelle Ereignisse. Als Michael Jackson starb, haben wir eine Woche später seine Lieder in Maastricht gespielt.“ Gespielt werden nicht fertige Partituren, sondern Klavierauszüge. So drückt Rieu Johann Strauß, Abba oder Maurice Ravel seinen Stempel auf.
Deshalb kann er auch nicht sagen, wie das Programm der kommenden Tour ausschaut. „Es ist egal, was wir spielen. Die Menschen freuen sich auf die Atmosphäre.“ Und die Atmosphäre eines Rieu-Konzerts ist tatsächlich besonders: Der Meister geigt, moderiert und dirigiert sein Orchester, die Männer im Frack, die Damen in ausladenden Kleidern. Dazu wird auf und vor der Bühne getanzt. „Meine Musiker müssen nicht fröhlich sein, sie sind fröhlich.“
Vom Studio aus starten Rieu und sein Orchester immer gemeinsam auf Tourneen in die ganze Welt. Nicht nur die Musik, auch das Zusammensein ist Rieu wichtig. „Ich habe früher in klassischen Orchestern gespielt, und wenn die letzte Note verklungen war, dann rannten alle sofort in den Bus und ab nach Hause. Ich liebe meine Frau, aber nach dem Konzert will ich mit meinem Orchester zusammensitzen und bei einem Gläschen Wein den Abend ausklingen lassen.“
Auf das München-Konzert freut er sich schon. „Die Amerikaner wissen nicht, an welchen Stellen man klatscht. Das deutsche Publikum kennt meine Musik so gut und weiß genau, wie man sich bei einem Konzert verhält. Das ist toll.“ Und wenn er dann aufspielt „In München steht ein Hofbräuhaus“ dann klatscht die ganze Halle mit.
Olympiahalle, 17. Januar, 20 Uhr, Olympiahalle. Karten ab 62,65 Euro, Telefon 54 81 81 81
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