Myung-Whun Chung dirigiert Beethoven
Ein bisschen unheimlich ist das ja schon: Der Pianist, der da mit den Münchner Philharmonikern formvollendet Beethoven spielt, ist erst im März dieses Jahres 19 Jahre alt geworden. Seine Jugend hindert Yunchan Lim indes nicht daran, schon berühmte internationale Wettbewerbe für sich entschieden zu haben; der spektakulärste Triumph war die Goldmedaille bei der Van Cliburn Competition letztes Jahr in Texas. Wohlgemerkt ist Yunchan Lim in Seoul noch als Student eingeschrieben. Wollen wir hoffen, dass er alle Prüfungen schafft.
Und doch zählt das alles nicht viel, wenn der Südkoreaner das Klavierkonzert Nr. 4 G-Dur von Ludwig van Beethoven spielt. Denn nicht nur kann er bei diesem Werk keine nennenswerte technische Virtuosität beweisen. Er stellt sich auch dem Vergleich solcher Kollegen wie Murray Perahia, Rudolf Buchbinder oder dem verstorbenen Radu Lupu, der seinerzeit auch den "Cliburn" gewonnen hatte. Anders gesagt: Yunchan Lim braucht ein eigenständiges künstlerisches Konzept.
Und das hat er auch: Er fasst das Werk radikal poetisch auf. Allein schon sein Ton ist von einer geradezu Schumannesken Innigkeit. Lim spielt mit der Handfläche dicht über der Tastatur, ohne Kraftzugabe aus dem Handgelenk, oft mit den Fingerspitzen, was den trotz Pedalgebrauch blitzsauberen Läufen und Figuren mitunter etwas Unwirkliches verleiht, wie von einem geträumten Spielzeug herrührend.
Immer wieder sucht Yunchan Lim das Misterioso, wenn er etwa den Dolce-Einsatz, mit dem das Klavier das vierte Konzert beginnt, sorgfältig vorbereitet, fast aus dem Nichts einsetzen lässt - in der eher diesseitigen Akustik der Isarphilharmonie ein besonderes Kunststück. Kurzum: Wäre diese Aufführung die Abschlussprüfung des noch studierenden Pianisten, hätte er sie mit Bravour bestanden.
Am Pult der Münchner Philharmoniker macht Myung-Whun Chung alle diese schön romantischen Zaubereien mit, setzt mit wunderbar stillen Streichern erst nach einer in die Ferne horchenden Pause ein, lässt auch danach die Entwicklungen nie einfach laufen, sondern gliedert sie bewusst. Auch in Beethovens Symphonie Nr. 3 Es-Dur, der "Eroica", entdeckt der mittlerweile 70-jährige Dirigent unzählige Details und realisiert sie mit einem bemerkenswert geschlossenen Bläserapparat, ohne je den Blick auf das Ganze zu verlieren. Das schürt die Vorfreude auf die siebte Symphonie des Komponisten, die Chung am Freitagabend mit den gerade besonders inspirierten Münchner Philharmonikern aufführen wird.
Myung-Whun Chung dirigiert am 17. November um 19.30 Uhr Beethovens Symphonie Nr. 7 und das Violinkonzert mit Clara-Jumi Kang als Solistin in der Isarphilharmonie. Restkarten unter 089/54 81 81 400 und an der Abendkasse