Mit Unerbittlichkeit
Eine der letzten Aufnahmen des großen Rudolf Serkin waren die Bach-Variationen von Max Reger: Ein Stück, angesiedelt zwischen Pomp und Intimität, das vor allem Reaktionsvermögen verlangt. Die rasch wechselnden Stimmungen einzufangen, ist nicht immer einfach.
Dem jungen russischen Pianisten Igor Levit gelang im Prinzregententheater eine exemplarische Aufführung, auch wenn er die einzelnen Variationen ganz bewusst nicht einander annäherte, sondern in ihren Kontrasten mit Nachdruck gegeneinander stellte.
Danach Beethovens „Hammerklavier“-Sonate zu wagen, grenzte an Harakiri. Staunenswert die Konsequenz, mit der sich Levit die Angaben des Komponisten zueigen machte, der sich durchwegs, vor allem aber im ersten Satz und der Fuge des Finales sehr rasche, bisweilen unspielbare Tempi wünschte. Die Unerbittlichkeit, mit der Levit musizierte, dabei spieltechnisch bisweilen an seine Grenzen geriet, aber nie die musikalische Struktur aus den Augen verlor, faszinierte. Ähnlich überzeugend hat hier einst Friedrich Gulda musiziert: mit äußerstem Einsatz, leidenschaftlich und kompromisslos.
Dennoch: Allzu oft sollte der 26-Jährige ein derartiges Programm nicht wagen. Schließlich enthielt es mit Reger und Beethoven gleich zwei Gipfelwerke der Klavierliteratur. Das Risiko, zu scheitern, schon deshalb, weil auch Musiker mit ihren Kräften haushalten müssen, ist doch wohl zu groß. Zumal auch die einleitenden „Six epigraphs antiques“ von Debussy nicht zum Ausruhen einluden: intime Klangabenteuer, grandios präsentiert – eine Klaviermatinée der Extraklasse. P.S.: Im Herbst erscheint Levits erste Beethoven-CD bei Sony.