Mit Schmackes durch Mozarts Frühwerk

Rolando Villazón singt auf seiner neuen CD „Mozart“ - hätte er damit doch nie aufgehört!
von  Robert Braunmüller

Zuerst eine Verbeugung vor einem Neunjährigen! 1765, bei einem London-Aufenthalt, komponierte das Wunderkind aller Musik-Wunderkinder die Bravourarie „Va’, dal furor portata“. Ein Werk im konservativen Opernstil mit kontrastierendem Mittelteil, mordsschweren Koloraturen und einem leicht veränderten „da capo“ des Anfangs.

Rolando Villazón, der Publkumsliebling mit Krisenerfahrung, singt diese allererste erhaltene Vokalkomposition des großen Salzburgers auf seiner neuen Platte, die den lapidaren Titel „Mozart“ trägt. Keine berühmten Werke wie die Bildnis-Arie aus der „Zauberflöte“ oder „Il mio tesoro“ sind dort zu hören, sondern Unbekanntes mit niedrigen Nummern im Köchel-Verzeichnis, das als Einlage in Opern anderer Komponisten entstand.

Auf die Idee, solche Stücke auf einer Platte zu vereinigen, kam der Mexikaner übrigens in einer Musikalienhandlung in München, als er nach einem Klavierauszug von „Così fan tutte“ suchte und einen Band mit Konzertarien für Tenor entdeckte.

Das Glanzstück ist die keine eineinhalb Minuten lange Plapper-Arie „Clarice cara mia sposa“ (KV 256), in der auch der hierzulande immer unterschätzte Dirigent Antonio Pappano einen kurzen Gesangsauftritt beisteuert. Er begleitet mit dem London Symphony Orchestra zwar ohne historisierende Ambitionen, aber dennoch hochprofessionell, energisch und kraftvoll.
Villazón ist kein Mozart-Seelchen, er singt voll und saftig, lebendig und dramatisch, wie man es von ihm kennt. Es tut der Musik gut, bei deren Entstehung Mozarts Genius sich durchaus einmal eine Auszeit gönnte und der Dämon der Konvention regierte. Trotzdem ist die Platte interessanter als die tausendste Aufnahme von Belmontes „O wie ängstlich, o wie feurig“.

Zuletzt verteidigt Villazón mit Pauken und Trompeten in grenzwertigem Deutsch ein Lieschen in „Müßt ich auch durch tausend Drachen“. Wir wetten, dass eine zweimal zu hörende Koloraturpassage in „Va’, dal furor portata“ mit der elektronischen Schere bearbeitet wurde. Ein paar lang gezogene Kantilenen drohen auch aus der Linie zu fallen. Und da drängt sich der Gedanke auf: Wenn Villazón sich gleich Mozart zugewandt hätte, statt den Bajazzo zu machen, wäre ihm die Krise erspart und uns die allerschönste Tenorstimme der letzten 30 Jahre erhalten geblieben.

Rolando Villazón: „Mozart“ (Deutsche Grammophon). Konzert am 31. März 2014 in der Philharmonie, Karten unter 93 60 93

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