Mit Jazz zurückbeißen!

Seit 25 Jahren spielt der polnische Jazzpianist Marcin Wasilewski im Trio – immer packend. Am Donnerstag kommt er mit seinem Trio in die Unterfahrt
Ssirus W. Pakzad |
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Jazzpianist Marcin Wasilewski (li.) sitzt am Donnerstag in der Unterfahrt am Klavier mit seinem Trio.
SWP Jazzpianist Marcin Wasilewski (li.) sitzt am Donnerstag in der Unterfahrt am Klavier mit seinem Trio.

Seit 25 Jahren spielt der polnische Jazzpianist Marcin Wasilewski im Trio – immer packend. Am Donnerstag kommt er mit seinem Trio
in die Unterfahrt

Die Vorzeichen sahen alles andere als gut aus, als Marcin Wasilewski und seine beiden Mitstreiter vor etwas mehr als zwei Jahren im belgischen Antwerpen eintrafen, um beim „Jazz Middelheim“-Festival aufzutreten. „Mir war die Dimension dieser Veranstaltung zuvor nicht bewusst“, erzählt der vielfach prämierte 43jährige polnische Pianist in einem Konferenz-Zimmer der Katholischen Akademie am Englischen Garten.

Der GAU: Kein Warmspielen, keine Probe, aber Mitschnitt

„Ich sah dieses riesige Zelt, das 4 000 Zuhörer fasste. Mein Problem: Es war mitten in der Ferienzeit. Ich hatte zuvor eine kleine Auszeit genommen und zehn Tage lang nicht geübt. Als ich nach einem Klavier zum Aufwärmen fragte, gab es leider keines. Und ein Soundcheck war nicht vorgesehen. Auch war mir nicht klar, dass unser Konzert aufgezeichnet werden würde.“

Doch als Pianist Marcin Wasilewski, Bassist Slawomir Kurkiewicz und Schlagzeuger Michal Miskiewicz auf die Bühne gingen, ignorierten sie das böse Omen und spielten einen hoch konzentrierten, berauschenden Set, der nun als Album vorliegt „Live“ (ECM). „Ich versuchte damals, meine mangelnde Spielpraxis durch ein Maximum an Energie auszugleichen.“ Zum Auftakt ihres Konzerts befanden sich die drei Musiker noch sanft rubatierend im Schwebemodus, aber spätestens ab Minute vier ihres Auftritts entwickelten sie nach und nach einen Zug, den man von ihren Studio-Alben so bislang nicht kannte. Das eher Lyrische der meist aus der Feder von Wasilewski stammenden Melodien hinderte das Trio nicht am fast entfesselten Austausch. „Ich hatte viele Live-Aufnahmen von uns im Archiv, war mit den meisten aber nicht zufrieden. Bei dieser aber passte alles, vom ersten bis zum letzten Ton.“

Die CD wurde ein "Geschenk" für die Jazzwelt

Die Veröffentlichung von „Live“ ist ein Geschenk, die sich Wasilewski und seine Kameraden zum stolzen Jubiläum machten. In der jetzigen Konstellation sind sie seit fünfundzwanzig Jahren zusammen. Marcin Waslilewski und Bassist Slawomir Kurkiewicz hatten sich bereits auf dem Gymnasium im westpommerschen Koszalin kennen gelernt und gleich versucht, ihre große Jazzleidenschaft in eigene Musik umzusetzen. Das funktionierte so gut, dass sie schnell erste Preise einheimsten. Den zwei Jahre jüngeren Schlagzeuger Michal Kurkiewicz lernten sie während eines landesweit veranstalteten Workshops kennen, bei dem sie tagsüber von Veteranen lernten und abends bis in die Puppen jammten. „Ich weiß noch, welches das erste Stück war, dass wir zu dritt spielten – den Standard „Softly as in a Morning Sunrise“, erinnert sich Wasilewski. „Als wir die Nummer anstimmten, spürte ich sofort, dass das anders war als alles, was ich zuvor gemacht hatte. Es gab sofort die richtige Chemie zwischen uns, die sich bis heute bewahrt hat. Jeder von uns hat eine etwas andere Persönlichkeit, aber menschlich wie musikalisch kommen wir bestens klar.“

Dann kam Tomas Stanko dazu...

Welches Potential Wasilewski, Kurkiewicz und Miskiewicz offerierten, kam auch dem Trompeter Tomas Stanko (1942 - 2018) zu Ohren, der in Polen eine Art Jazz-National-Heiligtum war und ist. Er hörte von einem furiosen Auftritt, bei dem das Trio Musik des Jazz- und Filmkomponisten Krzystof Komeda interpretierte und lud die drei Teenager darauf ein, mit ihm zu musizieren. Stanko vermittelte den jungen Instrumentalisten, was es bedeutet, musikalisch frei und offen zu sein und dem eigenen Instinkt zu trauen. Im Laufe der Zeit verhalf Tomas Stanko seinen musikalischen Schutzbefohlenen international zu ungeahnter Popularität – heute zählen sie als Einheit zu den Stars des europäischen Jazz. Hat der legendäre Trompeter ihnen jemals gesagt, was er an ihnen schätzte? Marcin Wasilewski: „Ich nannte Tomasz einen Vampir, weil er stets sagte: ich brauche eure jugendliche Energie, euer jugendliches Blut.“ Er lacht. „Doch wir haben zurück gebissen und von seinem bestens gereiften Wein gekostet.“

Unterfahrt, Donnerstag, 21 Uhr, Einsteinstraße 42, Eintritt: 28/ 14 Euro, Telefon 448 27 94

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