Mit der Vielfalt des Ausdrucks
Weltschmerz, Liebeskummer, Herzeleid, nicht gerade leichte Kost an einem heißen Sommerabend: Im Prinzregententheater demonstrierte der Bariton mit Nachdruck, dass er derzeit keine Konkurrenz zu fürchten braucht. Wer alt genug war, mochte sich an Gérard Souzay oder Dietrich Fischer-Dieskau erinnert haben: Allein schon Christian Gerhahers Mut, seinen Liederabend im Rahmen der Opernfestspiele ausschließlich mit Gesängen von Robert Schumann zu füllen, war aller Ehren wert – schließlich ließ sich hier kaum mit Stimmgewalt prunken.
Im Gegenteil: In der „Dichterliebe” etwa geht es vor allem darum, die Ironie und den sarkastischen Tonfall der Texte Heinrich Heines zu treffen. Wie Christian Gerhaher, glänzend assistiert von Gerold Huber am Flügel, zwischen elegischen und augenzwinkernden Momenten deutlich zu unterscheiden wusste, das wies ihn als einen ebenso klugen wie emotional mitfühlenden Sänger aus.
Stimmlich ist er derzeit ohnehin in glänzender Verfassung. Ob verhalten melancholisch („Ich will meine Seele tauchen”) oder kraftvoll energisch („Die alten bösen Lieder”), ob hintergründig verschmitzt („Der arme Peter”) oder zurückhaltend distanziert („Es fiel ein Reif in der Frühlingsnacht”) – Christian Gerhahers Vielfalt an Ausdrucks-Facetten überwältigte. Offenbar gibt es für ihn kaum gesangliche Mühen. Da macht sich eben auch bezahlt, dass der Sänger auf der Opernbühne doch eher selten zu erleben ist.
Am Ende Ovationen, wen wundert es, und zwei von Schumanns Kerner-Liedern als Zugabe: „Stille Liebe” und „Stille Tränen”, auch sie mit grandioser Eindringlichkeit gestaltet. Ein wunderbarer Abend!