Mit angezogener Spaßbremse
Martin Stadfeld und die Academy of St. Martin in the Fields in der Philharmonie. Die AZ-Kritik.
Das Klavierkonzert op. 25 komponierte Mendelssohn mit 22 Jahren: Es ist ein jugendlich ungestümes Werk voll herrlichster Einfälle, der langsame Satz ein einfühlsames „Lied ohne Worte“, das Finale überschwänglich effektvoll.
Martin Stadtfeld und die Academy of St. Martin in the Fields musizierten diesen Geniestreich in der Philharmonie mit der Akkuratesse von Finanzbuchhaltern: brav, ohne Temperament. Vor allem klanglich blieb der Pianist einiges schuldig. Der Melodiezauber des Andante stellte sich nur zögernd ein. Mendelssohn Klavierromantik, reduziert auf biedere Hausmusik - das ist nicht einmal die halbe Miete.
Zuvor hatte David Afkham Beethovens erste Leonoren-Ouvertüre ebenfalls ziemlich zurückhaltend präsentiert. In der zweiten Symphonie von Johannes Brahms war die langsame Gangart des von Bernard Haitink geförderten 30-jährigen deutschen Dirigenten bisweilen eine echte Spaßbremse. Der erste Satz plätscherte belanglos dahin, in den folgenden ließen sich solistischen Einzelleistungen der Bläser bewundern.
Nach wie vor ist die Academy of St. Martin in the Fields unter den Kammerorchestern eine erste Adresse. Diesmal aber erreichten weder Dirigent noch Solist das Niveau dieses englischen Starensembles. Geigerin Julia Fischer saß im Publikum. Wäre sie oben auf dem Podium erschienen – was für ein toller Konzertabend hätte es werden können.