Mirror Lane aus München will durchstarten: Die digitale Ochsentour

Wie das begabte Münchner Musikduo Mirror Lane erfolgreich werden will.
Dominik Petzold
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Fabo Muschelknautz (links) und James Scobie sind Mirror Lane.
Fabo Muschelknautz (links) und James Scobie sind Mirror Lane. © Foto: Thomas Trachsel

Das ist dann wohl die amerikanische Herangehensweise. "Problem creates opportunity", sagt Fabian "Fabo" Muschelknautz, jedes Problem eröffne Möglichkeiten.

Das Problem: Kurz nachdem er und sein musikalischer Partner James Scobie sich im Februar 2020 bei einem Open Mic-Abend im Irish Pub Kennedy's kennengelernt hatten und als Duo Mirror Lane durchstarten wollten, kam Corona – mit den bekannten Folgen für alle Bands. Aber der ewige Lockdown schuf auch Möglichkeiten. "Zum Beispiel, dass wir uns in diese ganze Studioarbeit reingefuchst haben", sagt Fabo, "und da meiner Meinung nach Qualität erreicht haben, die sich sehen lassen kann."

Diese positive Sicht auf die Dinge entspricht der US-Denkweise, die er in seinem Studium aufgesogen hat. Fünf Jahre lang lebte der heute 30-jährige Keyboarder und Sänger in Florida, studierte BWL mit Schwerpunkt auf der Unterhaltungsbranche. Und lernte: Bei Musik gehe es um Entertainment. "In den USA spielen sie kein Konzert, sondern machen eine Show", sagt er. "Und sie denken alles ein bisschen größer. Ich war begeistert von der Idee, so etwas hier zu starten. Aber es hat ein paar Jahre gedauert, bis ich mich dieser Sache wirklich hingegeben habe."

Nachdem er 2015 in seine Heimat München zurückgekehrt war, arbeitete er zunächst hinter den Kulissen der Musikbranche: Er war Projektmanager bei Leslie Mandokis Firma Red Rock Productions, arbeitete an dessen Projekten für die Autoindustrie mit. Bis es ihn "innerlich aufgefressen" habe, auf der falschen Seite des Geschäfts zu stehen: "Ich wollte schon immer Musik machen, die Leute erreicht."

Eingängige, tanzbare, radiotaugliche Popsongs

Deshalb hat Fabo den Job aufgegeben und versucht es mit der eigenen Musikkarriere. "Ich haue zwei, drei Jahre Vollgas rein und kann dann in den Spiegel sehen, egal ob es geklappt hat oder nicht", sagt er. Wie ernsthaft er und James ihr Ziel anstreben, hört man. "Checking Me Out" und "Gym Class Bottoms" sind ausgetüftelt und professionell aufgenommen, zwei eingängige, tanzbare, radiotaugliche Popsongs. Sie klingen modern und haben zugleich einen Seventies-Vibes, mit vielen Reminiszenzen an Maroon 5 und ein paar an Toto.

Anzeige für den Anbieter YouTube über den Consent-Anbieter verweigert

Der schnellste Weg, mit solchen Songs Erfolg zu haben, sagt Fabo, der studierte BWLer, führe über Online-Werbung. Aber dafür brauche man große Summen, und die Budgets, die er aus seinem früheren Job kenne, stehen ihnen nicht zur Verfügung. Anfang 2020 haben sie pro Single ein paar hundert Euro in Werbung bei Youtube oder Instagram gesteckt, doch damit könne man nichts bewegen, sagt er.

Das Duo sucht die Interaktion mit den Fans

Und so müssen sie ihre Fans mit harter Arbeit gewinnen: Fabo kümmert sich um das Schneiden von Videos, das Bearbeiten von Fotos, die Produktion der Songs. James ist für Social Media zuständig: Neuen Fans auf Instagram schickt James eine persönliche Willkommensnachricht, idealerweise schreiben sie dann hin und her. Und das hat das einen positiven Nebeneffekt: Viel Interaktion führt zu mehr Präsenz in den Sozialen Medien. Auf TikTok erzählt Mirror Lane jeden Montag einen Witz. "Das ist die Ochsentour im digitalen Zeitalter", sagt Fabo.

Auch ihre Songs erscheinen nur online. CDs oder Platten zu pressen würde nur Geld kosten, das sie lieber in ihr Equipment stecken: "Das Produkt muss so gut wie möglich sein: die Aufnahmen, die Live-Shows, die Videos", sagt Fabo. Vielleicht erscheint nächstes Jahr mal eine EP, aber nur, wenn sie bis dahin genügend Fans haben, die diese auch sicher kaufen. Und genau darum geht es: Wichtiger als viele Klicks und große Reichweite im Internet seien echte Fans.

Der Traum: "Musik machen, Miete zahlen"

Wenn Deine Musik für fünf Menschen einen Unterschied in ihrem Leben ausmacht, ist das viel wertvoller als 50.000 Streams bei Spotify", sagt Fabo. Aber auch ökonomisch machen die echten Fans den Unterschied. Weil sie Werbung für die Band machen. Und: Wenn tausend Superfans pro Jahr 100 Euro für die Band ausgeben, rechnet Fabo vor, "dann hat man ein 100.000 Euro-Business". Damit hätte das Duo den selbstgesteckten Traum schon erreicht: "Musik machen, Miete zahlen".

Die nächste Zielmarke sind erst mal 100 bis 200 Hardcore-Fans, die zu allen Konzerten kommen. Dann könne man eine Location wie das Ampere füllen, dann würden die Deals mit den Veranstaltern besser. Erst mal gibt Fabo nebenbei Klavierunterricht, spielt in einer Partyband, außerdem produzieren er und James Songs für andere Künstler wie den Deutschpop-Sänger WieSchall. Mit der eigenen Band haben sie aktuell 30 bis 40 treue Anhänger, aber es werden mehr.

Und parallel zur digitalen Ochsentour hat Mirror Lane jetzt eine weitere Möglichkeit, Fans zu gewinnen: mit Live-Konzerten, oder noch besser, ganz nach amerikanischer Entertainment-Schule: mit Shows.


Mirror Lane spielen am 3. Juli um 18 Uhr bei Tollwood im Hacker-Pschorr Brettl, Eintritt frei

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