Midor: Wenn die Geigerin sich im Konzertsaal zu Hause fühlt
In den nächsten Wochen wird er bei allen drei großen Münchner Orchestern am Pult stehen – ein Privileg, das außer ihm keiner hat. Den Anfang machten die Philharmoniker. Im Gasteig dirigierte Zubin Mehta ein konventionelles Programm mit Werken von Hindemith und Brahms, elegant wie immer, ohne Ecken und Kanten, dafür mit respektheischender Autorität.
Das Orchester versagte sich allzu kraftvolles Auftrumpfen und zeigte, dass es durchaus sensibel reagieren kann, wenn man es von ihm wünscht. Und dennoch: Weder die „Tragische Ouvertüre” von Brahms noch Hindemiths „Mathis”-Symphonie boten Anlass zur Euphorie. Allzu glatt war das alles musiziert. Die Tempi bedächtig, die ruhigen Momente hochglanzpoliert – ein wenig mehr Spannung hätte nicht geschadet.
Für das Violinkonzert von Brahms hatten die Philharmoniker die japanische Geigerin Midori eingeladen. Einst ein Wunderkind, präsentierte sich die 42-Jährige in einer irritierenden Form: die Tongebung ohne Glanz, die Fingerfertigkeit anfechtbar. Sie spielte in sich gekehrt, als ob sie zu Hause für sich allein musizieren würde.
Zubin Mehta und die Philharmoniker gaben sich alle Mühe, nicht zu stören. Aber so hatte das der Komponist sicher nicht gemeint. Unfreiwillig wohl auch das überzeugende Plädoyer für einen neuen Konzertsaal: Bereits im Mittelblock H waren die zart-zerbrechlichen Geigenklänge kaum zu vernehmen.
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