MiA.: "Diese Band ist für jeden von uns ein zweites Zuhause"
Die Band MiA. ist zurück: Im vergangenen Jahr war die Gruppe auf ihrer großen Jubiläums-Tour "Nie wieder 20". Am 20. September veröffentlichten MiA. nun die neue Single "KopfÜber", die zugleich die erste Single ihres neuen Albums ist: Die Platte mit dem Titel "Limbo" ist ein Neuanfang für die Berliner Band und soll Anfang 2020 erscheinen. Am 1. November dieses Jahres startet in Leipzig ihre "Kopfüber"-Tour durch Deutschland. Warum die kreative Arbeit an "Limbo" anders ablief als in den zwanzig Jahren zuvor und wie die Band es schafft, seit so vielen Jahren zusammen Musik zu machen, verraten MiA. im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news.
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"KopfÜber" beschreibt einen Sprung ins kalte Wasser, einen Aufbruch ins Ungewisse. Was bedeutet das für Sie als Band?
MiA.: Im Grunde genommen ist ja jeder Song, jedes Album, jedes Gemälde oder jeder Film, also praktisch alles, was als schöpferische Arbeit mit einem weißen Blatt Papier beginnt, ein Sprung ins kalte Wasser. Konkret auf uns bezogen können wir sagen, dass eine zwanzigjährige Bandgeschichte regelmäßig solche Sprünge bereithält. Wir haben vor einigen Jahren langjährige Verbindungen und Partnerschaften hinterfragt, haben neue Konstellationen innerhalb und außerhalb der Band gefunden und sind so die Arbeit an unserem siebten Album "Limbo" angegangen. Wir sind definitiv eine andere Band als 2014, als wir an unserem letzten Album gearbeitet haben.
Was hat beim Dreh des Musikvideos zu "KopfÜber" am meisten Spaß gemacht?
MiA.: Im Grunde genommen alles. Die Grundidee zu diesem Clip kam von uns und wir sind froh, mit Dennis Todorovic einen erfahrenen Regisseur an unserer Seite gehabt zu haben, der Vertrauen in diese Idee hatte. Es gibt in diesem Video ja praktisch nur einen Schnitt nach dem ersten Refrain. Keiner wusste, ob das wirklich hinhaut - vielleicht war genau diese Spannung das, was am meisten Spaß gemacht hat.
Sie bezeichnen Ihr bald erscheinendes Album "Limbo" als Neuanfang. Auf was dürfen sich Ihre Fans beim neuen Album freuen?
MiA.: Uns ist schon klar, dass "Neuanfang" ein inflationäres Wort ist. Gerade, wenn es um Musiker, Musikerinnen oder Bands geht, die schon ein paar Tage dabei sind. Aber wir wollten dieses Album unbedingt machen und tatsächlich haben die Veränderungen in unserem Binnenverhältnis beim Songschreiben wirklich Spuren hinterlassen. Plötzlich waren da Songs, die dringend geschrieben werden mussten, weil es sie noch nicht gab. Die kreative Arbeit an diesem Album lief in weiten Teilen anders ab als in den zwanzig Jahren vorher. Wir sind den Weg zu allen wesentlichen künstlerischen Entscheidungen tatsächlich gemeinsam bis zum Ende gegangen.
Die gemeinsame Arbeit an den Texten zum Beispiel war in dieser Intensität eine komplett neue Erfahrung, die uns jetzt schon viel bedeutet, weil sie sich direkt auf das "Was" und das "Wie" dieses Albums ausgewirkt hat. Wir haben mit einem neuen Produzenten gearbeitet und uns in die Möglichkeiten eines klassischen Tonstudios vertieft. Es wurde alles sehr organisch aufgenommen, wir haben Unebenheiten zugelassen und der Band-Sound steht deutlich im Vordergrund. Das Ergebnis wirkt auf uns nahbar und frisch, aber gleichzeitig auch vertraut.
Warum haben Sie das Album "Limbo" genannt?
MiA.: Thematisch ist dieses Album recht vielfältig und wir sind mit allen Songs happy, aber ein Stück Musik auf dieser Platte spricht uns so sehr aus der Seele, dass wir beschlossen haben, das ganze Ding "Limbo" zu nennen. "Limbo" ist eine Art Standortbestimmung für uns und in diesem Song geht es darum, den Umständen, den Widrigkeiten und Hindernissen zu begegnen und sich angesichts aller Zweifel, Abwägungen und Widersprüche trotzdem für den Optimismus zu entscheiden und quasi unter den Hürden des Lebens Limbo zu tanzen.
"In limbo" bedeutet ja im Englischen auch "im Zweifel" und auch deshalb ist der Optimismus in diesem Song wirklich eine bewusste Entscheidung. Es macht uns einerseits immer wieder fassungslos, aber eben auch glücklich und optimistisch, dass vier so extrem unterschiedliche Menschen wie wir ein so hochemotionales Ding wie Musik auf einen gemeinsamen Nenner bringen können. Das richtet uns auf und ist sowas wie ein Mantra. Wir waren und sind halt trotz aller Herdplatten und Fettnäpfchen schon immer eine "pro"-Band.
Werden Sie auf dem neuen Album auch wieder politisch?
MiA.: Das Politische erreicht und beschäftigt uns jeden Tag intensiv. Davor kann man überhaupt nicht weglaufen und deshalb hat das auf jeden von uns und damit auch auf jeden unserer Songs einen unbestreitbaren Einfluss. Ob das dann immer direkt hörbar oder zu verorten ist, lässt sich schwer beeinflussen. Es gibt keinen offensichtlichen, direkt politischen Song auf "Limbo". Die Zeit dafür ist zweifellos gegeben, aber am Ende soll das, was wir machen, immer noch Kunst sein. Der Umstand, dass wir als Band eindeutig politisch Stellung beziehen und Gesicht zeigen, bedeutet noch lange nicht, dass sich dies auch immer in einen Song packen lässt, den wir uns für MiA. wünschen. Wer uns ein bisschen besser kennt, findet aber auch in "Limbo" das eine oder andere Puzzleteilchen.
Es gibt Sie jetzt als MiA. seit mehr als 20 Jahren. Was bedeutet Ihnen dieses Jubiläum?
MiA.: Es ist tatsächlich wertvoller als goldene Schallplatten oder andere Auszeichnungen und Würdigungen. Wir haben mit dieser Band bis dato teilweise mehr als unser halbes Leben verbracht, wir können uns in die Augen schauen, wir lachen und wir weinen zusammen. Diese Band ist für jeden von uns eine zweite Familie, ein zweites Zuhause und das ist einfach unglaublich!
Wie haben Sie sich und wie hat sich Ihre Musik in den 20 Jahren verändert?
MiA.: Wir haben uns peu à peu immer mehr Platz gegeben. Wir haben Diversität zugelassen, ertragen, unseren Unterschieden Platz eingeräumt und sind uns dadurch immer wieder nahegekommen. Das ist permanent in Bewegung und muss immer wieder neu justiert und moderiert werden. Im Prinzip hat unsere Musik diesen stetigen Wandel begleitet. Mal war sie Projektion, Gegenstand oder auch Gegenteil dieser Entwicklungen.
Was wollen Sie in den nächsten 20 Jahren noch erreichen?
MiA.: Fürs erste wollen wir alles, was wir in Verbindung mit unserem siebten Album erleben und möglich machen können, in vollen Zügen genießen. Danach schauen wir mal weiter, denn in der Schublade liegt immer noch was, was irgendwann dringend raus will...
Wie schaffen Sie es, schon so lange Musik miteinander zu machen und sich (noch) nicht auf die Nerven zu gehen?
MiA.: Regelmäßig miteinander reden, und, noch viel wichtiger: regelmäßig einander zuhören.
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