Max Raabe: Nur gut, dass keiner guckt

"Für Frauen ist das kein Problem": Max Raabe hat mit Annette Humpe ein neues Album geschrieben: Kein genialer Wurf, aber es gibt Perlen. Nur, warum hat man am Palast Orchester gespart?
Adrian Prechtel |
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 Max Raabe hat sich mit den 30ern rumgeschlagen, alte Pop-Klassiker satirisch-tierisch lustig orchestral gesetzt und ist mit seiner Hit-CD "Küssen kann man nicht alleine" aus der musikalischen Vergangenheit in die Chanson-Modernität getreten. Annette Humpe ("Ideal", "Ich+Ich") hat sich wieder mit Raabe zurückgezogen, hat mit ihm getextet, komponiert und mit Christoph Israel arrangiert.

Der Titelsong "Für Frauen ist das kein Problem" ist der Ohrwurm, der sich in der Titelzeile in aufsteigender Melodielinie cool ins Raabsche Falsett schwingt. Es ist eine Hommage an die Multi-Tasking-Fähigkeiten der Frauen. "Ursprünglich sollte es heissen ,Für Männer ist das kein Problem', doch da ist uns nichts eingefallen. Aber ich bin da nicht neidisch auf die Frauen, dass die so viel hinkriegen, denn einer muss das alles ja machen", sagt Raabe lakonisch ironisch.

"Als ich dich wollte": Liebe, die nicht erwiedert wurde. Aber jetzt kommt sie plötzlich an und will doch: fröhlich gewippt, fast südamerikanische Bossa Nova Gitarre-Rhythmen: machtlos gegen Liebe. Herr Raabe, Sie singen das aus der Sicht eines Mannes, der gelitten und vergeblich gehofft hat. Und jetzt will die Frau doch. Ginge das auch aus der Sicht einer Frau gesungen? "Naja, bis auf die Sache, dass sie ein ,miserabler Koch' ist. Denn Männer tun das entweder gar nicht oder hervorragend. Und die Sache, dass da einer bereit ist, die Schulden des anderen zu zahlen. Das würden doch nur Männer für 'ne Frau machen, oder?"

"Ich bin nur gut, wenn keiner guckt": Herr Raabe, der Titel, lässig auf der Gitarre begleitet, ist ja nicht wahr! Sie sind mit Ihrem Minimalismus auf der Bühne doch gerade gut, wenn alle gucken. "Ja, aber Sie ahnen ja nicht, wie wild ich tanzen und laut auch ohne Mikrophon singen kann."

"Kleine Lügen" - machen das Leben leichter und reicher. Aber ist das nicht unmoralisch, Herr Raabe? "Nein, kleine Lügen tun nicht weh!" Und wenn kleine Lügen nicht mehr ausreichen? "Dann ist grosse Diplomatie gefragt."

"Zwischen zwei Lieben" - ist ein langsamer Landler-Walzer mit Gitarre, Hackbrett und Blasmusik, der beschreibt, wie sich zwei Übriggebliebene pragmatisch zusammentun. Was verstehen Sie von Volksmusik? "Soviel, dass ich sagen kann, dass ich ein Freund der Volksmusik bin, der bemerkt, dass die Distanz zwischen Volksmusik und der volkstümlichen immer grösser wird."

"Ich schlaf' am besten neben dir". Herr Raabe, haben Sie wirklich Schlafstörungen? "Nein, es ist kein autobiografisches Album!"

"Keine Liebe für mich" - schon wieder ein Song über das Scheitern einer Liebe - diesmal am Narzissmus des anderen: "Das war eine harte Rocknummer, die wir sanft umarrangiert haben."

"Ich bin schuld" - Einer muss es ja immer gewesen sein! Ist Ihr Schuldkomplex, Herr Raabe, typisch protestantisch? "Das Tolle ist ja, es ist ökumenisch: katholisch oder evangelisch, Schuldgefühle passen immer."

"Am Ende kommt immer der Schluss" - ist ja eine fröhlich-melancholische Rauswurf-Nummer mit dem Aufruf zum genussreichen "Carpe diem", ehe man den Löffel abgibt: "Ja, wir beissen ins Gras" reimt sich auf "Das war's!".

Elektronik statt Orchester, viel Falsett und Lichtblicke

Wer das Album "Küssen kann man nicht alleine" mochte, wird auf "Für Frauen ist das kein Problem" auch manch Schönes finden. Allerdings sind die Lieder etwas lieblos, ohne grosses Orchester eingespielt, nicht nur die Streicher sind elektronisch. Auch ist Max Raabe etwas zu oft in seiner angestrengten Falsett-Stimmlage, während die Stimmung der Lieder keine richtigen Höhen oder belebende Kontraste riskiert. So bleiben am Ende vor allem die Lichtblicke des Titelsongs und der Witz der "Kleinen Lügen" im Ohr. Live - mit dem Palast Orchester - wird dann alles sicher farbiger sein.

 "Für Frauen ist das kein Problem", auf CD; live mit Palast Orchester: Philharmonie, Gasteig, am 23. und 24. Februar, 51 bis 72 Euro, Tel. 54 81 81 81

 

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