Martin Stadtfeld im Prinzregententheater: Orgel, Klavier und Spieldose

Der Pianist Martin Stadtfeld mit seinem Programm "Bach total" im Prinzregententheater. Bach-Stücke zwischen Orgel, Klavier und Spieldose.
von  Robert Braunmüller
Der Pianist Martin Stadtfeld gilt als Bach-Experte.
Der Pianist Martin Stadtfeld gilt als Bach-Experte. © Ingrid Hertfelder

München - Das ist doch alles viel zu schnell", entfuhr es einer Dame. Dabei hatte Martin Stadtfeld im ersten Satz des "Italienischen Konzerts" von Johann Sebastian Bach soeben gar keinen neuen Geschwindigkeitsweltrekord aufstellt. Er blieb im Rahmen des Üblichen seiner Kollegen. Gerast war er eine Stunde vorher, in der Toccata BWV 565, zum Jubel des Publikums und als Schlusspunkt des ersten Teils seines Programms "Bach total" im Prinzregententheater.

Martin Stadtfeld: Ein Bach-Spezialist 

Der 41-jährige Koblenzer gilt seit seiner Einspielung der Goldberg-Variationen als Bach-Spezialist. In den vergangenen 20 Jahren hat Stadtfeld zwar auch Mozart, Beethoven und Schumann gespielt, aber dennoch wenig unternommen, diesem Klischee entgegenzutreten. Und weil es ausreichend Konzertbesucher gibt, die den Pianisten als Stillen im Lande schätzen, hatte er auch keinen Anlass, sich grundsätzlich neu zu erfinden.

Stadtfeld begann die Partita Nr. 1 BWV 825 in einem nüchternen Forte, ohne besondere Versuche, die Musik sprechend zu artikulieren oder subjektiv auszuleuchten. In der Allemande nahm er die Lautstärke zurück, um den Klang des Klaviers dem Cembalo anzunähern. Hier und in der Englischen Suite Nr. 3 sowie der Französischen Ouvertüre h-moll betonte Stadtfeld das Gewicht der langsamen Tanzsätze durch breit angelegte Steigerungen und emotionale Trillerketten, so dass man sich bisweilen in das Adagio einer Bruckner-Symphonie versetzt wähnt.

Stadtfelds Klavierspiel: Viele Einflüsse vereint

Vor der Pause spielte der Pianist eigene Bearbeitungen. Der Schlusschor aus der Matthäus-Passion orientierte sich vollgriffig an Charles-Marie Widors Orgelversion "Mattheus-Final", der Rest weniger an den klassischen Choralbearbeitungen von Busoni & Co., sondern an den Orchesterfassungen des frühen 20. Jahrhunderts, die Stadtfeld auf das Klavier zurückprojiziert. Bei "Dir, dir Jehova will ich singen" gab es - wie zuvor in der Gavotte der "Englischen Suite" - Ausflüge in die allerhöchste, auch auf dem Steinway spieldosenhafte allerhöchste Oktave. Man kann das gewiss machen. Aber muss man es auch, wenn man sich sonst dem Spielerischen und Exzentrischen recht dezidiert verweigert?

Pianist Stadtfeld glänzt bei ruhiger Kontrapunktik

Die Zugabe verstärkte den Eindruck, dass sich der Pianist bei ruhiger Kontrapunktik am Wohlsten fühlt. Da gelingt ihm eine saubere Gleichberechtigung aller Stimmen.

In raschen Sätzen wie den Suiten-Präludien oder im Italienischen Konzert legt sich rasch ein Grauschleier über die Musik. Stadtfeld spielt nicht objektiv zu schnell, sondern für seine Verhältnisse. Und diese persönliche Höchstgeschwindigkeitsgrenze erreicht er, wenn die musikalische Deutlichkeit leidet und der Hörer nicht mehr wahrnehmen kann, was Bach an nicht minder wichtigen Mittel- und Nebenstimmen komponiert hat.

Stadtfelds Bach-Aufnahmen erscheinen bei Sony Classical

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