Mariss Jansons dirigiert Franz Schubert und Jörg Widmann

Mariss Jansons und das BR-Symphonieorchester mit Musik von Franz Schubert und Jörg Widmann im Herkulessaal
Robert Braunmüller |
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Gute Laune beim Trauermarsch: Mariss Jansons (links) und der Pianist Yefim Bronfman bei einer Probe für das Stück von Jörg Widmann im Herkulessaal.
BR/Peter Meisel Gute Laune beim Trauermarsch: Mariss Jansons (links) und der Pianist Yefim Bronfman bei einer Probe für das Stück von Jörg Widmann im Herkulessaal.

Natürlich maulen noch ein paar Abonnenten, dass das eigentlich keine Musik gewesen sei. Aber die Normalität, mit der das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks ein neues Stück von Jörg Widmann im Abo-Konzert aufführt und nicht in der musica viva, ist immer noch erwähnenswert, weil die Münchner Philharmoniker auf diesem Gebiet ziemlich zögerlich sind. Und natürlich wird ein solches Stück, wie es sich gehört, beim BR-Symphonieorchester auch vom Chefdirigenten Mariss Jansons einstudiert und aufgeführt.

Dass es sich bei Widmanns „Trauermarsch“ leider um ein Dutzendstück handelt, steht auf einem anderen Blatt. Der Pianist beginnt mit einem schlichten Seufzer-Motiv, das von der Trompete aufgegriffen wird. Die Musik zerfleddert und verdichtet sich. Eine riesige Steigerung, ein Feld mit spieldosiger Lyrik und eine krachende Katastrophe. Das Orchester hat viel zu sagen, der Solist auch. Aber alle reden durcheinander. Gespräche entstehen nie. Es spricht kaum für die Instrumentierung, dass man von Sonderinstrumenten wie Waterphone und Lotosflöten erst über den Umweg des Programmhefts erfährt.

Die mehr als abonnententaugliche Klangsprache erinnert an den späten Henze, die meisterliche Routine auch. Gespielt wurde es von Yefim Bronfman, dem Spezialisten für alles Dickfingrige, der schon die Uraufführung vor drei Jahren in der Berliner Philharmonie übernahm. Aber auch dieser Pianist wird es irgendwann auf den Stapel mit dem Panathenäenzug op. 74 von Richard Strauss legen. Da gehört es jedenfalls hin.

Weg mit der Morbidität!

Nach der Pause wurde in der Achten in C-Dur von Franz Schubert kein romantisch blaues Blümlein gepflückt. Jansons verjagte Morbidität und Pathos. Wenn es in der triumphalen Rückkehr des Hornthemas am Ende des ersten Satzes eine Temporückung gab, war sie unhörbar. Der Dirigent schritt mit geradliniger Energie unerbittlich vorwärts.

Das passt zu einer Symphonie ohne langsamen Satz. Das Andante con moto purzelte ohne Zögern in den Abgrund des apokalyptischen Trompetengeschmetters. Die Katastrophe trat so viel bestürzender ein: als würde einem plötzlich der Boden unter den Füßen weggezogen.

Jansons hat sich auf sehr persönliche Weise Einsichten der historischen Aufführungspraxis angeeignet. Die Posaunen verdickten nichts, sondern waren als eigene Farbe spürbar. Im Scherzo spielten die Holzbläser leider nicht immer ganz so delikat wie die Streicher.

Dann das Finale als Feier der Lebenslust. Nur der stramme Schluss verwunderte. Steht da nicht ein irritierendes Diminuendo drüber? Muss das nicht klingen wie ein Ballon, dessen Luft entweicht? Passte das nicht in Janons’ Konzept? Oder gibt’s eine Neuausgabe, in der das getilgt ist? Irgendwas wird sich der Genauigkeitsfanatiker Jansons schon dabei gedacht haben.

Das Konzert kann auf br-klassik als Audio und Video abgerufen werden

 

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