Manfred Honeck walzert mit dem Orchester der Stadt ins neue Jahr

Das Orchester der Stadt feiert Silvester mit Bizet, Bernstein und Johann Strauß in der Philharmonie am Gasteig
von  Robert Braunmüller

Das Orchester der Stadt feiert Silvester mit Bizet, Bernstein und Johann Strauß in der Philharmonie am Gasteig

Er stammt zwar aus Vorarlberg. Und er war weder Lipizzaner noch Wiener Sängerknabe. Aber dafür hat Manfred Honeck an der schönen blauen Donau studiert. Bratscher bei den Wiener Philharmonikern war er auch. Deshalb ist er eine gute Wahl, wenn es gilt, wienerisch walzernd den guten Rutsch ins Neue Jahr zu wagen.

Nach der Ouvertüre zum „Zigeunerbaron“ von Johann Strauß rief ein Herr mit österreichischer Färbung laut „Bravo Maestro!“ in den Saal. Vielleicht mit einem leichten Hauch von Schmäh: Denn der geborene Maestro für die „Carmen“-Suite frei nach Georges Bizet oder gar Leonard Bernsteins „Candide“-Ouvertüre ist Honeck nicht. Da hinderte er die Münchner Philharmoniker nicht, plump und ohne jeden swingenden Charme vor allem knallig zu spielen.

Die von Manuel Rosenthal mit rosarotem Orchesterzuckerguss versehene Suite „Gaïte Parisienne“ nach Jacques Offenbach hat noch der verstorbene Lorin Maazel aufs Programm gesetzt. „De mortuis nihil nisi bene“, mag sich da der Lateiner denken. Bei allem Respekt: Echter Offenbach tut auch nicht weh.

Wie man Pech in Glück verwandelt

Aber die Philharmoniker haben seit dem Verlust ihres Chefdirigenten bewiesen, wie man Pech in Glück verwandeln kann. Das brauchten sie auch zum Jahreswechsel, weil Diana Damrau wegen einer Erkrankung kurzfristig absagen musste. Für sie sprang Simona Šaturová ein: eine junge, gut aussehende Sängerin mit starker Ausstrahlung, grundsolider Koloraturtechnik und einer silbern strahlenden Stimme.

Die junge Slowakin hatte weder Mühe mit der überschäumenden Lebenslust der Arie „Je veux vivre“ aus Charles Gounods Oper „Roméo et Juliette“ noch mit der emanzipierten Kratzbürstigkeit der Rosina aus Rossinis „Barbiere“. Eine kapriziöse „Fledermaus“-Adele legte sie sicher auf das für Stimmen aller Art stets spiegelglatte Gasteig-Parkett. Nur das Vilja-Lied aus Franz Lehárs „Lustiger Witwe“ dehnte sie ins übertrieben Verträumte. Aber auch da nahm die Kunst, mit der es geschah, für sich ein. Und der Summchor der Philharmoniker sowieso.

Auch Honeck hatte im zweiten Teil des Silvesterabends stark zugelegt: Er dirigierte mit viel Gespür für das natürliche Tempo und animierte die Philharmoniker zu mehr Leichtfüßigkeit, ohne sie allerdings in echte Wiener verwandeln zu können.

Bei der Polka „Auf der Jagd“ strich ein Jäger durch den Saal, nach „Unter Donner und Blitz“ spannten die Musiker Regenschirme auf. Und zuletzt, bei der Zugabe „Feuerfest“ von Josef Strauss, packte der Schlagzeuger am Amboss seine Brotzeit aus. Auch eine Boulevardzeitung hatte er dabei, die er nach rascher Lektüre hinter sich warf. Gottlob: Nicht unser Blatt! Das Jahr hat gut begonnen.

Noch einmal heute, 20 Uhr, und morgen, 19 Uhr, in der Philharmonie am Gasteig, Restkarten

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