Linkin Park: Die Social-Media-Könige sind zurück

Linkin Park sucht den Kontakt zu ihren Fans, setzt Maßstäbe bei Facebook und hat jüngst ein eigenes Computerspiel entwickelt.
von  (ami/spot)

Evolution und Interaktion stehen für Linkin Park an oberster Stelle. Die US-Band sucht den Kontakt zu ihren Fans, setzt Maßstäbe bei Facebook und hat jüngst ein eigenes Computerspiel entwickelt.

Berlin - Deutschland folgt Linkin Park - also im übertragenen Sinne. Über 56 Millionen Fans haben auf Facebook, der aktuell größten Social-Media-Plattform des Planeten, den Like-Button für die Seite der Band aus Los Angeles gedrückt. Um eine Vorstellung der Dimensionen dieser Zahl zu bekommen: In Deutschland nutzen derzeit knapp 54 Millionen Menschen das Internet. Mit der Zahl an Followern lagen Linkin Park im September auf Platz 16 der beliebtesten Facebook-Seiten weltweit - also mit Abstand die stärkste Band.

Ab Freitag ist "Recharged" erhältlich. Sie können das Remix-Album von Linkin Park hier bestellen

Allerdings füttern Linkin Park ihre Fans nicht nur mit Fotos vom Strand-Urlaub, wie diverse Solo-Künstler, die gar noch größere Zahlen vorweisen. Stattdessen setzen die zweifachen Grammy-Gewinner auf Interaktivität - und funktionieren dadurch im Bereich Social Media natürlich bestens. Nicht nur in ihrer Musik versuchen Mastermind Mike Shinoda und Kompagnons zu experimentieren, sich weiterzuentwickeln und zu wachsen, sondern eben gerade auch im Web, wo sie engen Kontakt zu ihren Anhängern halten können. Den Grundstein dafür legten sie mit Linkin Park Underground, dem 2001 gegründeten, offiziellen Fanclub der Band.

Ihre Supporter belohnten Linkin Park nicht nur via Fanclub mit besonderen Events, sondern seit geraumer Zeit eben auch per Facebook. In diesem Zuge veröffentlichten sie Mitte September dort das Free-to-Play-Spiel "LPRecharge" auf Facebook, bei dem die Band maßgeblich für die Entwicklung des Designs zuständig war. Darin spielt nicht nur Spaß eine große Rolle, die auch sonst im Bereich Naturschutz engagierte Band macht ebenso auf aktuelle Probleme aufmerksam: Im Spiel kämpft die Community um die letzten Energiereserven einer ausgebeuteten Erde, die von Maschinen und einer elitären Minderheit kontrolliert werden. Ziel der Spieler: Die Welt mit sauberer und nachhaltiger Energie versorgen.

Nur logisch, dass Linkin Park den Einsatz ihrer Community belohnen. So erschien "A Light That Never Comes", eine Zusammenarbeit mit DJ Steve Aoki, nicht etwa nach einer schnöden Klick-Sammelaktion auf den Like-Button eines Eintrags. Hier konnte sich die LP-Community über das Facebook-Spiel den Song für alle gratis freischalten, sobald sie ein gemeinsames Ziel erreicht hatte.

"Ich denke, der Song und seine Veröffentlichung zeigen, wo wir gerade stehen", erklärt Shinoda und ergänzt: "Den Song mit Steve aufzunehmen, ihn über das Recharge-Facebook-Spiel uraufzuführen und auf der Xbox gratis zur Verfügung zu stellen - all das ist bezeichnend für die Leidenschaft unserer Band, zu experimentieren und Grenzen auszuloten." Der Song gab einen ersten Einblick in das neue Remix-Album namens "Recharged", das am Freitag erscheint und auf dem der Vorgänger "Living Things" ein neues Gewand erhält. Und er zeigt, wie wichtig der Band stetige, neue Einflüsse sind - auch von außen wie bei der Zusammenarbeit mit Aoki.

Dass die Band gerne mit ihren fertigen Songs spielt und diese remixt, ist nicht neu. "Reanimation", das Remix-Album zum Debüt-Lonplayer "Hybrid Theory", erschien 2002, auch das Collision-Course Projekt, bei dem die Band "Meteora" mit Jay Zs "The Black Album" verschmolz, dürfte durchaus in diese Kategorie gezählt werden. Nun also Teil drei mit "Recharged"; dabei wollte Shinoda nach Reanimation" eigentlich kein weiteres, "klassisches" Remix-Album schaffen. "Danach hab ich vielen gesagt, ich werde nie wieder ein Album mit Remixes zusammenstellen", blickt Shinoda zurück, erklärt aber im nächsten Atemzug: "Als ich anfing, die vielen großartigen Neuinterpretationen von 'Living things' zu hören, musste ich umdenken. Und das Ergebnis 'Recharged" war es wert."

Ob es das auch wirklich Wert war? Das dürfen - wie eh und je - die Fans selbst entscheiden. Zu hören bekommen sie jedenfalls eine neue Stufe in Linkin Parks "Hybrid Theory", dem Vermischen verschiedener Stile und die Weiterentwicklung ihres Sounds, um Musik außerhalb eines Schubladen-Denkens zu erschaffen. Zwar wird "Recharged" nicht die Richtung vorgeben, welche Linkin Park mit ihrem nächsten Studio-Album beschreiten wollen; aber es zeigt, welche Musik und welche Vibes die Band beeinflussen und inspirieren.

Die Scheibe geht sicherlich in die elektronische Richtung, findet vornehmlich Platz in der Sparte Clubsound; als Beispiel dafür dienen "Roads Untraveled" im Rad-Omen-Remix oder "Powerless" im Enferno-Mix. Dennoch reicht das Spektrum von Dubstep-angehauchten Tracks wie dem KillSonik-Mix von "Lost in the Echo" über eine Drum'n'Base-Version von "Victimized" bis zum Hip Hop-lastigen "I'll be gone"-Vice-Remix featuring Pusha T. Auch Produzenten-Guru Rick Rubin hat erneut Hand angelegt an den Sound von Linkin Park und der Single "A Light That Never Comes" mit Bongos und weiteren Drums einen mellow-Anstrich verpasst.

Linkin Park gehen mit "Recharged" einmal mehr einen neuen Weg. Das Remix-Album ist aber weder ein Schritt nach vorn oder zurück, sondern einer zur Seite. In welche Richtung die Band von diesem musikalischen Standpunkt aus als nächstes weiterzieht, kann nur das nächste Studioalbum zeigen. Auf der Stelle treten werden sie allerdings auf keinen Fall. Denn Entwicklung ist die oberste Prämisse für Linkin Park, egal, ob in der Musik oder in der Beziehung zu ihren Fans.

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