Larry Goldings im "Jazzclub Unterfahrt": Ein doppelter Goldjunge

Klavier, Orgel und ein kabarettistisches Alter-Ego: Der virtuose Larry Goldings in der Unterfahrt.
von  Ssirus W. Pakzad
Ein Typ, der weiß, wie's geht - als Komponist, Songwriter und Solostar: Larry Goldings.
Ein Typ, der weiß, wie's geht - als Komponist, Songwriter und Solostar: Larry Goldings. © Christopher O'Hara

Schon am Montag, am Spätnachmittag, will Larry Goldings zeigen, wie man es richtig macht. In einer Masterclass gibt der 54-jährige Amerikaner so manches Detail des geballten Wissens weiter, das er sich in einer über drei Dekaden währenden Karriere als Solo-Künstler und als Begleiter von John Scofield, Pat Metheny, Jim Hall, Michael Brecker, Maceo Parker oder John Mayer angeeignet hat.

Mit Stimmführung Geschichten erzählen

In seinem Kurs für musikalisch Fortgeschrittene will er die vielen Möglichkeiten der Stimmführung erörtern und wertvolle Ratschläge geben: "Denkt beim Spielen wie ein Arrangeur. Was macht der? Er setzt die Stimmung, versucht eine Geschichte zu erzählen, handelt emotional, schreibt in Farben und Texturen und versucht Inspiration aus Texten zu ziehen", sagt Goldings.

Er will in seiner Masterclass viele Aspekte des Musikspielens ansprechen. "Wer nicht in der Lage ist, den Song 'Happy Birthday' in allen Tonarten zu spielen, sollte besser die Finger von John Coltranes Titel 'Giant Steps' lassen. Hört Euch jede Menge Musik aus allen Bereichen an: Jazz, Klassisches, Musik anderer Länder und versucht zu analysieren. Nehmt, was Ihr übt und spielt auf. Macht Euch Eure Schwächen bewusst und arbeitet entsprechend an Euch. Hört Euch an, was Eure musikalischen Helden beeinflusst hat und lest, was sie gelesen haben."

Mitten im Programm wird Goldings zum Kabarettist 

Am Abend dann will Larry Goldings auch zeigen, wie man es nicht macht. Da kann das Publikum in der Unterfahrt über lange Strecken einen Virtuosen am Flügel und an der Orgel erleben, der seine Fertigkeiten klug dosiert und als smarter Mittler zwischen Jazz-Tradition und Moderne fungiert.

Aber es wird einen Punkt im Programm geben, an dem er sich eine scheußliche Perücke überzieht, den Modus wechselt und reinste Comedy bietet. Dann schlüpft Goldings in die Rolle einer von ihm geschaffenen Kunst-Figur: Hans Groiner, Pianist, gebürtig aus Braunau, Österreich. Dieser Herr mit dem schweren Akzent doziert auf Englisch und aus seiner, nun ja, sehr eigenen Sicht der Dinge heraus.

Groiners These: Beethoven hat den Blues ermöglicht

In zum Schreien komischen YouTube-Videos ist dieser chronische Besserwisser und "Musik-Analytiker" seit Jahren präsent. Beethoven? Hat den Blues erst ermöglicht – was Hans Groiner in unbeholfen vor sich hin stolpernden "Improvisationen" belegen will. Thelonious Monk? Hat viel zu kantig gespielt. Das lässt sich glätten. In Online-Kursen gibt der gestörte Blondschopf Hans Groiner dann noch Jazz-Piano-Kurse und tönt dabei wie ein Bar-Pianist im Zuckerschock.

"Mich hat schon immer Musik interessiert, in der alles schief läuft. Schreckliche musikalische Entscheidungen haben etwas Urkomisches", sagt Larry Goldings. "Bevor ich die Figur des Hans Groiner erfand, unterhielt ich Freunde bei mir zuhause und verhunzte großartige Musik – in dem ich zum Beispiel einen New Age-Pianisten gab, der Thelonious Monk interpretiert und dessen charismatischem Spiel so ziemlich alles austreibt, was es interessant und besonders macht: die Dissonanzen etwa, oder die Synkopen", erklärt Goldings.

Von Groiner lernen? Nicht wirklich

"Dann kam irgendwann MySpace auf, und Hans Groiner war geboren. Hans ist egozentrisch, furchtbar arrogant und gleichzeitig zweitklassig und völlig idiotisch. Das ist so eine Art Charakter, wie ihn Komiker vom Schlag eines Ricky Gervais, Christopher Guest oder Steve Coogan bereits trefflich dargestellt haben." Lässt sich denn wenigstens irgendetwas von diesem Hans Groiner lernen? Larry Goldings: "Wohl kaum."


Montag, Dienstag, Unterfahrt, Einsteinstraße 42 (beim Max-Weber-Platz):
Masterclass: 16.30 - 18.30 Uhr: Teilnahme: 60 Euro, Tageskasse.
Konzert: 20.30 Uhr, Tickets: 24/ 12 Euro, Tel. 448 27 94

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