LaBrassBanda in München: Brasilianische Leberkassemmeln in der Olympiahalle
Die bayerische Rock-n'Roll-Blechkapelle pustet die Olympiahalle einmal kräftig durch. Zum zehnjährigen Bandjubiläum blasen, trommeln, hüpfen und rocken die Vollblutmusiker ihr Publikum drei Stunden durch die musikalische Welt von LaBrassBanda
„Ihr könnts uns den Schuah aufblosen. Wir woin Livemusik!“, schreit Frontmann Stefan Dettl ins Mikrophon. Gemeint war damit aber nicht das Publikum in der nicht ganz ausverkauften Olympiahalle, sondern die Macher vom Eurovision Song Contest. Die hätten Dettl und seine Band nur auftreten lassen, wenn sie Playback spielen. Nicht mit LaBrassBanda. Dann eben kein ESC – sondern Volle-Pulle-Livemusik in Lederhosen und barfuß!
So wie am Samstagabend beim Jubiläums- und Album-Release-Konzert in München. Seit zehn Jahren probiert, komponiert und arrangiert sich die siebenköpfige Band durch fast alle Musikgenres, die auf der Welt zu finden sind. Ska, Reggae, Rock, Techno, Rap und Soul verpacken die Chiemgauer mit ihren Blasinstrumenten zu einem unverwechselbaren und energiegeladenen Sound. Gleich beim zweiten Song des Abends, „Autobahn“, wird klar: heute tanzt sich auch der Sitzplatzkarten-Besitzer sein T-Shirt schwitzig.
Berufsroutine? Wos is des?
„Around the World“ ist das vierte Studioalbum von LaBrassBanda. Natürlich kommt es im typischen Brass-Sound daher. Trotzdem haben die Heißblutmusiker neue, internationale und exotische Einflüsse virtuos mit in ihre Songs gepackt. Bei „Alarm“ wird die Olympiahalle kurzzeitig zur Seitenstraße in Rio de Janeiro. Man fühlt sich umringt von trommelnden und trompetenden Straßenmusikern, die mit ihren Volksmusikbeats die Nacht zum Tag machen. Der Song davor handelte von der letzten Leberkässemmel für einen im sterben liegenden "Opa". Das musikalische Spektrum von LaBrassBanda reicht von der brasilianischen Favela bis zum Metzger in Truchtlaching. Livemusik vom Allerfeinsten. Die Tuba wummert hinter der frech aufspielenden Posaune. Dazwischen rennen die Trompeten im Zick Zack getrieben von Schlagzeug und Bass. Abnutzungserscheinungen nach zehn Jahren Bandbestehen: Fehlanzeige. Berufsroutine? Wos is des?
„Jetzt hau ma eich ausse!“
Das Dialekt-Kanonenfeuer, das Wortakrobat Dettl bei seinem Sprechgesang abfeuert ist schneller denn je. Bei „Bauersbua“ dürfte sich auch der letzte Bayer in der Halle gefragt haben: Is' des überhaupt Boarisch, was der da vorn' ins Mikro haut. Wurscht. Es passt. Es hat Energie. Egal, ob im Sitzen oder im Stehen: Menschen wippen, tanzen, schleudern Arme und Beine durch die Luft. Alle Viere von sich im Dettl-Style. Wenn die Zuschauer von einem Song nicht genug haben, geht ein lautes „Rewind“ durch die Menge. Dann holt der LaBrassBanda-D-Zug nochmal für ein paar Extratakte Schwung und fegt über sein Publikum. Ein Gefühl, als hätte man seinen Kopf tatsächlich aus dem geöffneten Fenster eines D-Zugs gehalten. „Rewind“ hört man nicht nur einmal an diesem Abend.
Lesen Sie hier ein AZ-Interview mit Stefan Dettl: "Kiah Royal" - Konzert für Rindviecher
Beim Gastauftritt vom Stofferl Well von Biermösl Blosn wird’s politisch. 40 Cent für den Liter Milch müssen her, rappt der 57-Jährige mit roter Ghetto-Mütze auf dem Kopf. Finger weg vom Discounter, so die Message. Überhaupt legt sich eine Art bayerisches Lebensgefühl über den Abend. Ned hudeln, vergesst nicht, wo ihr herkommt und habt einfach einen „Scheena Dog“.
Nach gut drei Stunden Blechblas-Rock-'n-Roll-Livemusik entlässt Dettl sein Publikum („Jetzt hau ma eich ausse!“) vom „längsten LaBrassBanda-Konzert, das es jemals gegeben hat.“ Rewind!
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